Rollstuhlprojekt: „Gemeinsam auf Augenhöhe“
Das 2. Rollstuhlprojekt „Gemeinsam auf Augenhöhe“,fand im November 2019 mit Schülerinnen und Schülern des achten bis zwölften Jahrgangs statt.

Im vergangenen Schuljahr organisierten S. Opola und Anne O. ein erstes Rollstuhlprojekt an unserer Schule. Dazu wurden zwei Vertreter des Deutschen Rollstuhlsportverbandes eingeladen, die unseren Schülerinnen und Schülern einen Eindruck über den Alltag eines Rollifahrers vermitteln sollten und konnten. Das Ziel war ein Perspektivwechsel, der im besten Fall dazu führen sollte, sich als „Fußgänger“ etwas besser in das Denken und Handeln eines Rollstuhlfahrers hineinversetzen können; zu erleben, was im Rollstuhl machbar beziehungsweise nicht machbar ist und die Erkenntnis zu erlangen, dass ein Rollstuhlfahrer nicht wie ein rohes Ei behandelt werden muss. Die Schülerinnen und Schüler waren begeistert von diesem Erlebnis und signalisierten uns, dass ein weiteres Projekt wünschenswert wäre.

Dieses Feedback nahmen Anne und Frau Opola freudig entgegen, dehnten das Konzept des Projekts jedoch aus. Wir erweiterten das Orga-Team um die Schülerin Nele P., die als Fotografin unterstützend tätig war, und V. Schössow, die zu diesem Zeitpunkt ein Praktikum an der Schule absolvierte und Sozialpädagogik studieren möchte. Anne erklärte sich freundlicherweise dazu bereit, als Expertin zu fungieren und die Schülerinnen und Schüler in die Geheimnisse des Rollstuhlfahrens einzuweihen.

In einer kurzen Gesprächsrunde wurde schnell deutlich, dass wir das erste Projekt zwar gut fanden, uns aber zu wenig alltägliche Aspekte enthalten waren, sodass wir besonders diese Facette im neuen Projekt stärker einbinden wollten. Wir entschieden uns deshalb dazu, in einem ersten Block in der Sporthalle die Basics des Rollstuhlfahrens zu üben und danach den (Schul-)Alltag zu durchleben. Die Rolli-Neulinge zeigten sich von Beginn an unerschrocken, wagemutig und neugierig, nahmen sofort jede Herausforderung freudig an und experimentieren selbst herum. Schnell zeigte sich, dass die Schülerinnen und Schüler ungern Hilfe annahmen und sofort den Ehrgeiz entwickelten, jede Aufgabe eigenständig zu lösen. Auch Herr Zilk, der Schulleiter, bewunderte die Rolli-Novizen. „Es ist beeindruckend und schön zu sehen, wie wenig Hemmungen die Schüler zeigen und mit wie viel Freude sie an dieses Projekt gehen“, sagte er.


Nachdem wir sicher waren, dass Vorwärts-, Rückwärts-, Kurvenfahren, Bremsen, Fallen und Aufstehen klappten, tobten sich die Rolliflitzer noch etwas mit verschiedenen Sportgeräten aus, um einen kleinen Einblick in den Sportunterricht im Rollstuhl zu gewinnen. Danach stand eine Schulrallye in Kleingruppen auf dem Programm, bei der die Schülerinnen und Schüler verschiedenste Tätigkeiten des Schullebens bewältigen sollten, angefangen beim Durchqueren der Türen, über das Tafelwischen und einen Besuch in der Aula bis hin zum Einkauf in der Mensa und vieles mehr. Da wir nicht genügend Rollstühle für alle Teilnehmenden hatten, musste sich mit dem Fahren abgewechselt werden, was zwischenzeitlich herausfordernd war, da die Schülerschaft nur sehr ungern ihren fahrbaren Untersatz hergab. Auch während der Mittagspause war nicht daran zu denken, den Rollstuhl in die Ecke zu stellen. Während der Rallye zeigte sich ebenfalls bei allen Schülern der Wille zur Selbständigkeit. Aufgehaltene Türen wurden von „fremden Mitschülern“ zwar freundlich lächelnd angenommen, aber innerhalb des Projektteams mit der Aussage: „Ich will das selbst machen!“ abgekanzelt. Anne musste bei diesem Verhalten des Öfteren schmunzeln, da ihre Mitschüler nun erkannten, was auch als Rollstuhlfahrer alles ohne Hilfe möglich ist, wobei hier keineswegs Kritik an einem freundlichen und zuvorkommenden Verhalten geübt werden soll! Alle Gruppen waren mit Freude am Werk und so begeistert, dass sie unbedingt ihre Mitschüler im Unterricht besuchen mussten. Vielen Dank an dieser Stelle meinen tollen Kollegen, dass ihr den mehrfachen Unterrichtsstörungen so entspannt entgegengeblickt habt!

Als kleine Besonderheit schloss sich an diesen schulalltäglichen Block ein gemeinsamer Einkauf bei Netto an, bei dem die einzelnen Gruppen eine Einkaufsliste und 10,- € bekamen. Die Herausforderung bestand bei einigen gar nicht unbedingt darin, Lebensmittel, die sehr weit oben gelagert wurden, zu erreichen, sondern mit den finanziellen Mitteln zu haushalten. Unsere Schülergruppe wurde sehr kreativ, merkte jedoch auch schnell, dass das Einkaufen schlagartig komplizierter geworden war.
In einer Abschlussrunde konnten die Teilnehmenden dem Orga-Team Fragen stellen, den Tag Revue passieren lassen, Feedback und Verbesserungsvorschläge äußern und die Ausbeute des Einkaufs vertilgen. Es entstand ein reger Austausch, Anne beantwortete bereitwillig alle Fragen ihrer Mitschüler und erzählte einige Anekdoten aus ihrem Leben. Die Organisatoren konnten sich sehr über die äußerst positive Rückmeldung freuen und die Schülerinnen und Schüler, die bereits im letzten Jahr dabei waren, ließen durchblicken, dass das diesjährige Projekt noch einmal eins draufsetzen konnte und sie sich ein weiteres Projekt wünschen.

Aufgrund der großen Nachfrage wird es zum Ende des laufenden Schuljahres eine Fortsetzung des Projekts „Gemeinsam auf Augenhöhe“ geben.