In den diesjährigen Sommerferien – den allerletzten Sommerferien, die ich überhaupt haben werde! – hatte ich die Möglichkeit an einer großartigen Veranstaltung teilzunehmen: der Deutschen Schülerakademie.
Im beschaulichen Sauerland in der Nähe zu Siegen angekommen, wurde ich vom Akademieteam abgeholt und auf das Schloss Wittgenstein gebracht. Dieses umfasst ein großes Gelände auf einer Anhöhe mitten im Wald. Es besteht aus dem alten Schloss, in dem sich die Zimmer, der Speisesaal und ein großer Saal (das Plenum) befinden, und aus dem Internatsgebäude, in dem weitere Zimmer, die Kursräume, eine Küche und Aufenthaltsräume sind. Zusätzlich gibt es noch zwei Sporthallen, ein Fußballfeld und einen Rosengarten mit großer Wiese. Nachdem ich meinem Zimmer zugewiesen wurde, ging es für mich gleich mit der Erkundung des Geländes und dem Kennenlernen der anderen Teilnehmenden weiter.
Durch Frau Wessendorf und Herrn Rülander wurde ich noch im letzten Schuljahr darauf aufmerksam gemacht, dass ausgewählte Schülerinnen und Schüler für die Deutsche Schülerakademie vorgeschlagen werden können. Da bei mir ein grundsätzliches Interesse darin bestand, bei einer solchen Aktivität teilzunehmen, habe ich am Auswahlverfahren teilgenommen. Glücklicherweise hat es auch geklappt und ich konnte mich für einen der zahlreichen Veranstaltungsorte, die zur Verfügung standen, bewerben. Schlussendlich durfte ich sogar zu demjenigen Standort reisen, der auch mein Erstwunsch war: zur Akademie Wittgenstein bei Bad Laasphe.
Auch wenn die Tage auf der Akademie grundlegend demselben Zeitplan folgten, war kein Tag wie der andere, da es immer unterschiedliche Aktivitäten gab. Nach dem Frühstück fand das täglich stattfindende Morgenplenum statt, in dem die wichtigsten Informationen für das Akademieleben mitgeteilt wurden und das für alle Teilnehmenden verbindlich war – auch wenn eine gewisse Morgenmüdigkeit nicht selten noch anzusehen war. Doch das Programm des Plenums reichte von organisatorischen Informationen, internen und externen Nachrichten, bis hin zu musikalischen Warm-ups, wodurch das Wachwerden vielen leichter fiel. Durch ein laut-freudiges „Halleluja!“, welches ein Kursleitender zu gerne vorm gesamten Plenum von sich gab, wurde auch der letzte Schlafende wach. Nach den ungefähr 30 Minuten ging es zu den Fachkursen. Auf der Akademie Wittgenstein wurden insgesamt fünf verschiedene Kurse angeboten. Jeder Teilnehmende belegte dabei einen, für den man sich im Vorhinein entschieden hat.
Im Kurs 7.4 „Sicherheit, Freiheit … aber um welchen Preis?“, den ich in der zweiwöchigen Akademiezeit vom 18. Juli bis zum 03. August belegt habe, wurden zum einen die Grundlagen der Rechtsphilosophie fokussiert und zum anderen konnte man einen sehr direkten Einblick in das strafrechtliche Denken und Arbeiten erlangen. Insofern basierte die Kursarbeit stark auf juristischen Thematiken. Dabei wurden die Gründe hinter den dargelegten Thesen und Vorgehensweisen stets hinterfragt und man trat in einen sehr offenen Diskurs über die Vor- und Nachteile hinter den gesellschaftlichen Sitten und Gesetzten, so wie wir sie kennen. Dies hatte einen durchaus erweiternden Effekt auf die eigenen Ansichten und durch den respektvollen Umgang der Kursleitenden auf Augenhöhe verschwand die Faszination für das Behandelte nie.
In Erinnerung bleiben mir vor allem das Gesagte der Kursleitenden am ersten und am letzten Tag. Denn der gegenseitige Respekt wurde am ersten Tag durch die Aussage geebnet, dass die Leitenden nicht klüger seien als die Teilnehmenden der Akademie, sondern schlicht mehr gelernt hätten. Trotz dessen, dass diese Erkenntnis durchaus naheliegend war, diente sie doch als Katalysator für ein nachhaltig ausgeglichenes Verhältnis, welches unter gleichwertig erwachsenen und mündigen Menschen stattfand. So machten wir uns an die Arbeit und beschäftigten uns mit Kant und seiner Rechts- sowie Moralphilosophie – der kategorischen Imperative lässt grüßen -, diskutierten und differenzierten den Sinn und Zweck hinter Strafmaßnahmen und führten sogar einen simulierten Gerichtsprozess durch. Dabei blieb eines stets der unausweichliche Konsens der rechtlichen Arbeitsweise und dies bildete den Abschluss unserer Kursarbeit. Denn nach zwei Wochen, in denen wir uns mit allerlei Aspekten der juristischen Tätigkeit befasst haben, wurde uns die Menschenwürde als das Wichtigste, das Grundlegendste an unserer Gemeinschaft klargemacht. Dies machte einem klar, dass die Würde des Menschen es ist, die es am Ende zu schützen gilt; es ist die oberste Priorität, welche der gesamten Menschheit ein Recht, aber auch eine Pflicht ist. Sehr inspirierend!
Die anderen vier Kurse hatten Geschlechterrollen in der Gesellschaft, die Physik hinter dem Urknall, ein mathematisches Kontrollsystem und die Psychologie hinter Verhaltensweisen und Persönlichkeiten als Themenbereiche.
Doch der inhaltlichen Arbeit bei der Deutschen Schülerakademie ist auch der gemeinschaftliche Austausch mit den weiteren Teilnehmenden zu ergänzen. Denn bei den Kaffee- und Mittagspausen sowie den KüAs (Kursübergreifende Aktivitäten) konnte man viele neue Menschen kennenlernen, die alle für sich Motivation, Ehrgeiz und Know How hatten und zusammen eine tolle Gemeinschaft bildeten. Man konnte über den ganzen Tag verteilt den unterschiedlichsten Aktivitäten neben der eigentlichen Kursarbeit nachgehen und sich dabei selbstständig organisieren. Ich habe diese KüAs unter anderem dazu genutzt anderen Teilnehmenden das Lösen des Zauberwürfels näher zu bringen, mit einer deutsch-französischen Teilnehmerin mein Französisch auf Vordermann zu bringen – für mich als Lateiner war es auch höchste Zeit dem nachzukommen 🙂 – und ich bin auch einigen sportlichen Aktivitäten (Basketball, Waveboard) nachgekommen. Man kann also sehen, dass der Akademiealltag ein sehr spannender und abwechslungsreicher war. Man hat jeden Tag etwas Neues erlebt und es konnten langfristige Freundschaften entstehen und wachsen.
Neben dem KüA-Angebot gab es auch weitere besondere Ereignisse. So zum Beispiel eine Exkursion zu den anderen Kursen, ein Berufsorientierungsabend, einen Kleinkunstabend, eine Theateraufführung und sogar ein öffentliches Konzert in der Stadthalle von Bad Laasphe. Es lässt sich festhalten, dass man versuchte, jeden Teilnehmenden mitzunehmen und in seinen individuellen Eigenschaften zu fördern sowie zu fordern. Dieses Prinzip hat den allermeisten zugesagt und ich muss meine Begeisterung für diese zwei Wochen, die sich wie mindestens ein Monat angefühlt haben, nicht zurückhalten.
Nach den 16 Tagen ging an jenem Samstag die Akademiezeit zu Ende. Nach einem sehr emotionalen Abschied, denn in dieser kurzen Zeit habe ich die vielen Menschen dort unglaublich gut kennengelernt, ging es für mich wieder zurück nach Hause ins ebenso beschauliche Emsland. Von der Akademie nehme ich vor allem die zahlreichen Erfahrungen, neue Freundschaften, die ich schließen durfte, das fachliche Wissen, das ich erwerben durfte, und eine sehr positive Energie mit. Ich bin äußerst dankbar dafür, dass das Gymnasium Haren mir dieses Angebot zur Verfügung gestellt hat. Ich werde versuchen die Erkenntnisse, die mir in Bezug auf die Akademie nachhaltig positiv in Erinnerung geblieben sind, auch im Schulalltag umzusetzen, damit möglichst alle profitieren können. Halleluja!
Daniel Dyer (Jg. 13, 2024/25)