Michael Heuking als Leiter des Gymnasiums Haren in den Ruhestand verabschiedet
Tobias Böckermann
Nach 17 Jahren ist Michael Heuking, Direktor des Gymnasiums Haren, in den Ruhestand verabschiedet worden. Ein bewegender Nachmittag im Zeichen des Humanismus – und eines weiteren Wechsels in der Schulleitung.
Heuking hatte sich gewünscht, die gerade erfolgte Bestätigung seiner Schule als „Europaschule in Niedersachsen“ möge trotz Corona noch einen würdigen Rahmen finden. Deshalb trat er einen Teil der Aufmerksamkeit gerne ab, und nicht nur er selbst stand im Mittelpunkt, sondern ausdrücklich auch sein Anliegen Europa. Und die Europäische Einigung wäre ihrerseits ohne das Wort, ohne Kommunikation, eine gemeinsame Sprache und gemeinsame Werte niemals entstanden.
Alle Redner sahen sich diesem Gedanken verpflichtet – allen voran der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering. Ihn und Heuking verbindet eine langjährige Freundschaft, Pöttering hielt ein flammendes Plädoyer für Europa. Die vielen Schulpartnerschaften des Gymnasiums Haren unter anderem mit Frankreich, den USA und Polen ermöglichten wertvolle Begegnungen, in denen ein Grundstein für ein friedliches Europa gelegt werde.
Zuvor hatten Landrat Marc-André Burgdorf für den Schulträger Landkreis Emsland, Andrea Röckers als Elternvertreterin, Fenny Brink-Straukamp für die Direktorenvereinigung und Annette Puckhaber vom Regionalen Landesamt für Schule und Bildung an die Zeit mit Michael Heuking erinnert. Tenor: Der Oberstudiendirektor tat stets mehr, als er musste, dies immer im Sinne der Schüler und gerne kritisch bis unbequem hinterfragend, ob die vielen Neuregelungen und Erlasse für das System Schule allein der Politik oder auch den Schülern dienten.
Emotional wurde es mehrfach, unter anderem als Christian Rinné an die gemeinsamen Jahre erinnerte. Rinné war viele Jahre Heukings Stellvertreter, wird nun aber nicht dessen Nachfolger, sondern wechselt als Direktor an das Gymnasium in Bad Essen bei Osnabrück. Rinné erinnerte an Heukings Wahlspruch zum Amtsantritt: „Das Gute bewahren, das Neue wagen.“ Danach habe er Schule gestaltet, ihr zu humanistischem Profil und überregionaler Strahlkraft verholfen, ein gut bestelltes Haus hinterlassen.
„Herzblut“ sei ein Wort, das die Arbeit des Schulleiters bestimmt habe, Ermutigung statt Entmutigung sei das Ziel gewesen, das Hören auf Argumente statt auf Lautstärke, die Übernahme von Verantwortung durch den Einzelnen.
Heuking selbst dankte seinen Wegbegleitern, die zu nennen den Platz sprengen würde. Er nutzte seine Rede zu deutlicher Kritik an den „vielen Erlassen, mit denen das Schulehalten inzwischen bombardiert wird“. G 8; G 9, Zentralabitur, Profiloberstufe, Ganztagsschule: Die Zahl der Reformen sei unüberschaubar, die Ergebnisse nicht immer im Sinne der Schüler gewesen.
Für den Erhalt der Demokratie brauche es mündige, informierte Bürger, zu denen die Schüler am Gymnasium Haren nach seinem Eindruck mehrheitlich geworden seien – dank des Engagements der gesamten Schulgemeinschaft. Seinem Stellvertreter Rinné dankte er besonders als honorigem, kompetentem und loyalem Kollegen, über den sich die neue Schule in Bad Essen von Herzen freuen dürfe. „Unsere humanitär ausgerichtete Europaschule trägt eindeutig deine Handschrift.“
Den Schülern sei her das (beinahe) letzte Wort gegeben, auch wenn sie in der Veranstaltung nicht das Schlusswort setzten, sondern Michael Heuking. Ihm aber dürften die gesehenen Ergebnisse der humanitären Bildung gefallen haben. Denn ein Videoprojekt der Schüler ließ die Zuschauer schaudern, entlarvte es doch zu den Klängen der Europahymne, wie hemmungslos sich AfD-Politiker Björn Höcke der Rhetorik der Nationalsozialisten bedient und damit auch Europa gefährdet.
Die beiden Schülervertreter Vanessa Lorenz und Julian Kathmann zitierten einen Satz, den Michael Heuking jedem Schüler ihres Jahrgangs bei der Einschulung auf einem Zettel mit auf den Weg gegeben hatte: „Gottes sind Wogen und Wind, aber Segel und Steuer sind euer, dass ihr den Hafen gewinnt.“ Es stammt vom Dichter Johann Wilhelm Kinau, besser bekannt als Gorch Fock. „Dieses Motto habe ich bis heute jeden Tag in der Schultasche dabei“, sagte Julian Kathmann. „Und ich weiß, dass auch andere Schülerinnen und Schüler ihn bis heute schätzen und leben.“ Heuking sei der Kapitän gewesen mit einem offenen Ohr für die Schüler und einem Auge für den Kompromiss. Dass Michael Heuking das Motto damals wohl mit Bedacht den einstigen Fünftklässlern für die folgenden Jahre mitgegeben hatte, zeigte sich am Ende der Veranstaltung. Das Motto war der letzte Satz in Heukings Rede.
aus: Meppener Tagespost, Ausgabe 09.07.2021, S. 20