Das Schreiben einer Facharbeit – Ein Erfahrungsbericht

Von Leonie Westerfeld, Jahrgang 12

Mitte der zehnten Klasse müssen die Fächer für die Oberstufe gewählt werden. Jede Menge Informationsveranstaltungen und Fächervorstellungen sollen dabei helfen, die Einbringungsverpflichtungen zu verstehen und sich in den bereits bekannten Fächern ein erstes Bild von den Anforderungen und Erwartungen in der Oberstufe zu machen. Dabei stolpert man zwangsläufig auch irgendwann über das Seminarfach, welches als einziges Fach in den vorigen Schuljahren noch nicht in der Schule unterrichtet wurde.
Spätestens wenn die Oberthemen mit den zugehörigen Lehrern zur Einteilung in die einzelnen Seminarfachkurse gewählt werden, wird allen bewusst, dass es darum geht, eine Facharbeit in eben dem ausgesuchten Themenbereich zu schreiben und später in einer Präsentation auch noch dem Seminarfachkurs vorzustellen.
Wenn man sich über die genauen Inhalte dieses Faches erkundigt, wird man zwangsläufig auf verschiede Beschreibungen stoßen. Je nachdem ob man einen Lehrer oder einen Schüler fragt, lautet die Antwort entweder, dass es sich um ein methodenschulendes und auf die Uni vorbereitendes Unterrichtsfach handelt oder laut Schülern eher um eine Doppelstunde am Ende eines langen Schultags, in der man in einer entspannten Runde Kuchen isst bzw. Kuchen sucht, wenn der Beauftragte seinen vergessen hat.
Es gestaltet sich also als schwierig, sich etwas Konkretes unter der Seminarfach vorzustellen. Was genau macht man jetzt eigentlich im Seminarfach? Wie geht man vor, wenn man seine erste Facharbeit schreibt? Das sind Fragen, die natürlich auch von Kurs und Lehrkraft abhängig sind und dementsprechend auch oft etwas unterschiedlich beantwortet werden können.
Ich kann also auch nur von meinen eigenen Erfahrungen sprechen, wenn ich versuche, euch das Seminarfach und den Prozess des Schreibens einer Facharbeit etwas näherzubringen.
Nach meinen Erfahrungen läuft der Unterricht im Seminarfach grundsätzlich relativ ähnlich ab. Da die Facharbeit selbst erst im zweiten Semester geschrieben wird, ist im ersten Semester genug Zeit, um die nötigen Methoden und Vorlagen zu besprechen und sich anzueignen.
Dabei werden in den verschiedenen Unterrichtsstunden bestimmte Grundlagen wie zum Beispiel die richtige Zitierweise, das Gliedern eines Inhalts oder auch der Zweck von Fußnoten besprochen.
Außerdem geht es in dieser Zeit auch darum, sich inhaltlich mit seinem Oberthema auseinanderzusetzen, um ein geeignetes Thema für seine Arbeit zu finden.
Die Phase wird von uns Schülern gerne unterschätzt und nicht ernst genommen, da einem diese Inhalte als nicht sonderlich anspruchsvoll vorkommen. Allerdings zahlt es sich später beim Schreiben der Arbeit aus, wenn man die Grundlagen sicher beherrscht und in etwa weiß, wie eine solche Arbeit strukturiert sein sollte. Man spart eine Menge Zeit und Energie, die man dann dem Feinschliff zukommen lassen kann.
Auch das Auswählen eines eigenen Themas, über welches man schreiben möchte, ist nicht ganz einfach. Da das Oberthema absichtlich sehr offengehalten wird, um möglichst viele verschiedene Richtungen und Aspekte anbieten zu können, wird einem die eigene Entscheidung aufgrund der vielen Möglichkeiten sehr schwer gemacht. Es ist unmöglich, alle Facetten eines Themas zu beleuchten. Man muss sich vielmehr einen kleinen Bereich aussuchen und dort einen Schwerpunkt setzen, ansonsten lassen sich die ganzen Inhalte nicht auf eine Facharbeit von 10-15 Seiten komprimieren. Außerdem können die Argumente dann nur angerissen und nicht weiter vertieft werden. Mir persönlich ist es wirklich schwergefallen, mich für ein bestimmtes Thema zu entscheiden.
Es empfiehlt sich, sich in verschiedene Bereiche seines Oberthemas hineinzulesen und über ein Thema zu schreiben, welches in einem wirklich das persönliche Interesse weckt. Schließlich muss man sich wochenlang mit seinem Thema beschäftigen und deshalb sollte es einen nicht langweilen. Zudem sollte man aber auch sicherstellen, dass man zu seinem Thema recherchieren kann. Manche Themen sind so ungewöhnlich, dass sich kaum ein Wissenschaftler intensiv damit auseinandergesetzt hat und die Informationsbeschaffung somit zu einem Problem werden kann.
Um sich in die Inhalte hineinzulesen und auch um sich schon Lektüre zu beschaffen, auf welche die Facharbeit später aufbauen soll, fährt der elfte Jahrgang jedes Jahr in die Staatsbibliothek nach Hamburg. Dort gibt es tatsächlich alles, wenn man gründlich genug sucht. Es hat sich als sehr nützlich erwiesen, dieses Angebot auch entsprechend zu nutzen. Auch das Ausleihen und Kopieren von Büchern ist möglich.
Ich persönlich habe die Weihnachtsferien genutzt, um meine grobe Idee für meine Arbeit zu konkretisieren und mir eine genaue Fragestellung zu überlegen, die auf meine Informationen und Interessen zugeschnitten ist. Dabei bin ich oft zwischen verschiedenen Themen hin und her gesprungen und konnte mich wirklich nicht genau festlegen. Beim Lesen der Lektüre habe ich dann aber feststellen müssen, dass sich einige Fragestellungen einfach nicht beantworten lassen, eben weil noch nicht genügend wissenschaftliche Texte darüber vorliegen. Dieser ausschlaggebende Punkt hilft tatsächlich mehr als gut beim Selektieren. Ich stellte eindeutig fest, dass zu viel Lektüre deutlich besser ist als zu wenig.
Schließlich müssen Anfang Januar die Themen eingetragen werden und die sechs Wochen Arbeitszeit bis zur Abgabe beginnen. Wenn einem das gewählte Thema dann nicht mehr so zuspricht oder einem auffällt, den falschen Fokus gewählt zu haben, lässt sich dies nun nicht mehr ändern.
Bevor ich überhaupt irgendetwas inhaltlich gemacht habe, habe ich mir die vorgegebenen Formatvorgaben, also zum Beispiel Schriftgröße, Korrekturrand etc. genau angeschaut und alles in meinem Programm eingestellt, sodass mir dabei während der Arbeit keine Fehler mehr unterlaufen konnten.
In den ersten 2-3 Wochen habe ich wirklich kaum an meiner Facharbeit geschrieben, sondern mich hauptsächlich mit meiner Struktur und dem Inhalt beschäftigt.
Es gab so viele nützliche Informationen aus so vielen verschiedenen Büchern und dem Internet, dass ich mir anfangs kaum einen Überblick verschaffen konnte. Oft wiederholen sich bestimmte Aspekte auch, die es dann zu ordnen galt.
Ich habe also die Dinge herausgeschrieben, die mir wichtig erschienen. Anschließend habe ich sie nach Themen geordnet und daraus eine logische Reihenfolge erstellt.
Zwar geht es in der Facharbeit um ein Thema, allerdings müssen verschiedene Definitionen von unklaren Begriffen und auch Unterthemen beschrieben werden, um zu einem differenzierten Fazit zu gelangen. Diese Unterthemen, auch wenn sie thematisch voneinander unabhängig zu sein scheinen, gilt es in eine Reihenfolge zu bringen, die aufeinander aufbaut.
Diesen Aufbau der Arbeit zu erstellen hat tatsächlich am meisten Zeit und Nerven in Anspruch genommen. Erst danach ging es darum, die Inhalte auszuformulieren und einander anzupassen. Es ist schließlich so, dass verschiedene Autoren nur bedingt einer Meinung sind, weshalb man sich dann während des Schreibens auch noch mit den Ansichten der Autoren auseinandersetzen muss. Die dargestellten Erkenntnisse in der eigenen Arbeit hängen schließlich maßgeblich von den Darstellungen und Sichtweisen der einzelnen Autoren ab.
Um die Arbeit nach der Erstellung der Struktur so einfach „runterschreiben“ zu können, ist es wichtig, sich bei Strukturierung aufzuschreiben, woher welche Aspekte ursprünglich stammen. Schließlich muss jede Aussage, die einem fremden Gedanken entnommen wurde, entsprechend gekennzeichnet werden. Nach wochenlanger Arbeit hat man ohne Aufzeichnung am Ende keinen Überblick mehr über die Herkunftsorte.
Für die Strukturierung habe ich unter meine Überschriften alle Informationen eingetippt, die ich in dem Kapitel brauchte. Um nicht den Überblick über die Herkunftsorte zu verlieren, habe ich hinter jeden Stichpunkt eine Fußnote gesetzt und dort von Anfang an die Literaturangaben vollständig eingetragen. Während des Schreibens und Korrekturlesens war ich dann sehr dankbar, dass mir diese Methode ans Herz gelegt wurde. Ich habe auch schon von anderen Leuten gehört, die später überhaupt nicht mehr wussten, welche Information aus welchem Buch stammte und deshalb ihre gesamte Lektüre erneut durchlesen mussten.
Das Schreiben des Textes mit den zuvor strukturierten Inhalten ist nach guter Vorbereitung deutlich einfacher, als man vielleicht vermuten mag. Das gesammelte Wissen muss miteinander verknüpft und dabei ein roter Faden deutlich werden. Wichtig ist dabei hauptsächlich eine verständliche Formulierung, da man immer im Auge behalten sollte, dass sich die Leser mit dem Thema nicht so ausgiebig befasst haben, wie man selbst.
Bisher bin ich eher auf den Hauptteil der Facharbeit eingegangen. Dabei sind eine interessante Einleitung und ein guter, zusammenfassender Schluss genauso wichtig.
Da die Facharbeitsthemen meistens keine aktuellen Alltagsfragen beschreiben, sondern gegenteilig über das Allgemeinwissen hinausgehen, empfiehlt es sich, als Aufhänger in der Einleitung einen Aktualitätsbezug herzustellen.
Bei meiner Facharbeit ging es um das Aufkommen eines Nationalbewusstseins und Politisierung bei Fußballweltmeisterschaften, worüber man im Allgemeinen sehr wenig weiß. Außerdem scheint das Thema sehr abstrakt zu sein. In meiner Einleitung habe ich also die Stimmung während der WM 2006 in Deutschland dargestellt. Die meisten Menschen können sich daran erinnern und bekommen dadurch auch eine Vorstellung vom Thema.
Auch beim Schluss bietet es sich neben einem kurzen Resümieren der wichtigsten Argumente des Hauptteils an, den Aktualitätsbezug der Einleitung aufzugreifen und mit seinem Fazit zu verknüpfen. Damit wird das Thema abgerundet und der rote Faden zieht sich merklich durch die ganze Arbeit. Zudem kann man durch seinen Aktualitätsbezug auch einen Ausblick für die Zukunft bieten oder auch eine aus den Ergebnissen resultierende Frage formulieren, die dazu beiträgt, dass die gelesene Facharbeit nicht einfach wieder vergessen wird, sondern zusätzlich zum Nachdenken anregt.
Bei meiner Facharbeit habe ich zum Beispiel festgestellt, dass sich während der WM ein neuer Patriotismus in Deutschland gebildet hat. In meinem letzten Satz habe ich dann die Frage aufkommen lassen, ob dieser Patriotismus gut oder schlecht für das Land ist. Wenn man diese Frage für sich beantworten möchte, muss man automatisch auch die Inhalte der Facharbeit rekapitulieren und behält die genannten Argumente somit besser in Erinnerung.
Damit Einleitung und Schluss auch wirklich auf die Inhalte des Hauptteils abgestimmt sind, habe ich diese erst nach der Fertigstellung des Hauptteils geschrieben. Dadurch wusste ich genauer, worauf ich hinleiten musste und andersherum, welche Ergebnisse am Ende herauskommen und wie man sie am Ende einordnen muss. Zwar habe ich mir zuvor schon stichpunktartig Gedanken darüber gemacht, da die Einleitung und der Schluss maßgeblich für die Struktur sind, aber beides lässt sich ohne den fertigen Hauptteil nicht endgültig formulieren.
Schon während des Schreibens und besonders, wenn man meint fertig mit seiner Facharbeit zu sein, empfiehlt es sich, die ganze Arbeit mehrmals von anderen Personen durchlesen zu lassen. Meine Eltern, die sich mit meinem Facharbeitsthema nicht auskannten, haben meine Facharbeit mehrmals gelesen und mich an mehreren Stellen auf ungenaue Formulierungen hingewiesen, durch die das Verständnis des Textes beeinträchtigt wird. Da ich mich selbst mit meiner Thematik gut auskannte, fielen mir solche Dinge nicht auf. Aber jemandem, dem das Thema ganz frisch vor die Nase gehalten wird, hält sich auch an Kleinigkeiten auf, die es noch zu verbessern gilt. Auch Rechtschreibfehler und Grammatikfehler lassen sich mit vier Augen besser finden als mit zwei.
Allgemein lassen sich Fehler und Unstimmigkeiten deutlich besser finden, wenn man den Text ausgedruckt vor sich liegen hat und direkt damit arbeiten kann. Insgesamt habe ich meine Arbeit ca. fünf Mal gedruckt, bevor sie fertig war. Es hört sich vielleicht seltsam an, aber ich konnte wirklich besser am Feinschliff arbeiten, wenn ich mit einem Textmarker und Stift Veränderungen anmarkern konnte.
Wenn selbst das vollbracht ist, lohnt es sich, sein Literaturverzeichnis noch mehrere Male zu lesen. Eigentlich sind diese Angaben sehr einfach, aber es schleichen sich mehr Flüchtigkeitsfehler ein, als man denkt.
Wenn man dann aber am Ende zufrieden seine Facharbeit abgeben kann und man wirklich das Gefühl hat, dass jeder sie ohne Zusatzinformationen verstehen kann, ist das ein wunderbares Gefühl.
Wie viel Zeit man investiert hat, fällt einem erst nach der Abgabe auf, wenn auf einmal wieder Nachmittage mit Freizeit vor einem liegen und man beginnt, sich zu fragen, was man sonst mit seinem Leben so gemacht hat.
Man kann eindeutig sagen, dass das Schreiben einer Facharbeit Fleißarbeit ist. Jeder, der sich wirklich anstrengt, wird auch mit einer guten Note belohnt.

Univorbereitung oder Kuchenstunde? Zur Beantwortung der Frage, was das Seminarfach jetzt eigentlich ist, kann man sagen: Es ist beides. Beim Strukturieren und Schreiben einer Facharbeit lernt man, ganz neu mit Texten zu arbeiten und ihnen die wichtigsten Informationen zu entziehen. Allerdings ist das Seminarfach nicht wie andere Fächer, wo man in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Können abrufen muss. Dementsprechend kann man sich auch mal Zeit lassen und mit seinen Mitschülern und Lehrern ein Stück Kuchen in der Stunde essen. Denn im Unterricht wird sich hauptsächlich über Methoden ausgetauscht. Die wirkliche Arbeit findet zuhause statt.