Durch interkulturellen Austausch Spaltung entgegenwirken
Akademieabend des Gymnasiums Haren mit Marcus Pindur
„Wir haben viel Inspiration zur Frage erfahren, wie man Beziehungen zu anderen Ländern und Menschen stärken kann“, resümierten Julian Kathmann und Matti Held, beide Zehntklässler am Gymnasium Haren, die zusammen mit ihren Mitschülern Janina Damhuis, Simon Fischer und Marvin Hasch maßgeblich an der Vorbereitung und Gestaltung des diesjährigen Akademieabends an ihrer Schule mitwirkten. Als Thema hatte man die Perspektiven für die deutsch-amerikanischen Beziehungen in Anbetracht der Präsidentschaft Donald Trumps gewählt, und als Experte konnte mit dem Hörfunkjournalisten Marcus Pindur ein wortgewandter und inhaltlich bestens aufgestellter Amerikakenner gewonnen werden.
Der Kontakt zu Pindur war anlässlich dessen Vortrags im Ludwig-Windthorst-Haus (Lingen), an dem Schüler und Lehrer des Gymnasiums Haren teilgenommen hatten, bereits vor einigen Monaten zustande gekommen. „Herr Pindur hat sich sofort bereiterklärt, für ein Impulsreferat sowie eine Podiumsdiskussion zur Verfügung zu stehen“, blicken Julian Kathmann und Matti Held erfreut auf die Vorgeschichte der Veranstaltung an ihrer Schule zurück.
Die positiven Erwartungen wurden dann deutlich übertroffen:
Vor zahlreichen interessierten Gästen im Forum des Harener Schulzentrums stellte Pindur von Anfang an heraus, dass ihm um die deutsch-amerikanischen Beziehungen – trotz Trump – nicht bange sei: „Eine enge und stabile Zusammenarbeit beider Staaten bzw. der USA mit der Europäischen Union hat es Jahrzehnte vor Trump gegeben und dies wird auch in Zukunft der Fall sein.“ Zu vielschichtig seien diese Beziehungen, so Pindur, als dass sie durch einen Präsidenten, der maximal acht Jahre im Amt sei, gänzlich zerstört werden könnten. Dabei ging der Journalist, der jahrelang in den USA lebte, arbeitete und momentan für das Deutschlandradio moderiert, auch auf die Interessen Deutschlands und Europas an einer stabilen Kooperation ein, seien die USA doch unter anderem ein Garant für ökonomischen Wohlstand, für militärische Sicherheit und damit letztendlich auch für den Frieden. Völlig inakzeptabel sei der Politikstil und die Rhetorik Trumps, die verständlicherweise Ängste hervorrufen könnten, zumal zentrale Werte einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft offen und provokant infrage gestellt würden. „Hierbei handelt es sich in erster Linie um Showpolitik“, erklärte Pindur, der damit eine langfristige Gefahr für die deutsch-amerikanischen Beziehungen verneint.
Gekonnt griff das Schülerteam um Julian Kathmann und Matti Held die Aussagen Pindurs im Rahmen der anschließenden Podiumsdiskussion auf. Darüber hinaus bezogen die Gymnasiasten Kommentare ihrer amerikanischen Austauschschüler in St. Louis ein, für die unmittelbare Auswirkungen der Präsidentschaft Trumps im Alltag nicht wahrnehmbar seien, sich die politische Stimmung im Lande aber merklich verändert habe. Nachhaltig in Erinnerung blieben den moderierenden Schülern die Ausführungen Pindurs zur Frage, welche Möglichkeiten bestünden, die Spaltung der Beziehungen mit anderen Ländern zu verhindern: „Nehmen Sie es selbst in die Hand! Gehen Sie auf Reisen und suchen Sie den Kontakt zu Menschen in anderen Ländern!“, hielt der Hörfunkjournalist ein flammendes Plädoyer für den interkulturellen Austausch im Sinne einer Friedenssicherung ausgehend von der Basis. Damit griff Pindur auch ein zentrales Anliegen des Gymnasiums Haren als humanitäre Europaschule auf, die auf der Grundlage europäischer Werte für Frieden, Pluralismus und eine offene demokratische Gesellschaft einsteht.
Wichtig sei es laut Pindur ebenfalls, bei der Beurteilung politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen die Quellen für die Informationen im Blick zu haben und diese einer kritischen Bewertung zu unterziehen. „Fake News sind natürlich ein großes Problem und die rasante Verbreitung über soziale Netzwerke können mitunter schwerwiegende Folgen haben“, referierte der USA-Experte, der nicht nur den Schülern auf dem Podium, sondern auch dem Publikum bereitwillig für persönliche Einschätzungen und zur Beantwortung von Fragen zur Verfügung stand.
Angesprochen auf die Nachhaltigkeit des diesjährigen Akademieabends, der am Gymnasium Haren einmal jährlich stattfindet, haben Julian Kathmann und Matti Held eine klare Meinung: „Wir haben nicht nur inhaltlich viel dazugelernt, sondern haben auch ein Gespür dafür bekommen, wie aufwendig die Vorbereitung einer solchen Veranstaltung ist. Viele Wochen im Voraus habe man sich getroffen, um den inhaltlichen Rahmen abzustecken, zu recherchieren und unter Einbeziehung der Mitschüler Fragen zu entwickeln. Dass diese während der eigentlichen Veranstaltung nicht im Sinne eines Fragenkatalogs abgearbeitet wurden, sondern unter Berücksichtigung vorheriger Äußerungen spontan agiert wurde, war auch für das Publikum deutlich wahrnehmbar, das den Auftritt des Referenten und der federführenden Schüler mit einem großen Applaus honorierte.
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C. Rinné
Fotos: Caroline Wille