Besuch des Märchenerzählers und Rezitators Eberhard Vogelwaid
Haben wir richtig gehört? Dort steht ein Geist und gar kein richtiger Mensch aus Fleisch und Blut? Jedenfalls behauptete das der Rezitator Eberhard Vogelwaid von sich in einer selbst verfassten Ballade. Demnach sei er in Afrika einem Löwenangriff zum Opfer gefallen und nur noch als Geist vorhanden. Damit brachte er am Dienstag, den 21. Juni 2022, in der 5. Stunde die Schülerinnen und Schüler der 7. Klassen zum Gruseln. Einige Zeit später gab er jedoch zu, ein bisschen geflunkert zu haben – er sei ja noch nie in Afrika gewesen! Schließlich müsse man nicht ferne Länder bereist haben, um darüber lebendige Balladen verfassen zu können. Das bewies er sogleich mit der Ballade „John Maynard“ von Theodor Fontane, die von einem Schiffsunglück auf dem Eriesee zwischen Detroit und Buffalo erzählt, bei dem der Steuermann alle anderen heldenhaft rettet und selbst in den Flammen umkommt. Beim „Erlkönig“ von Goethe durften die Schülerinnen und Schüler der 7. Klassen selbst ihr Gedächtnis bemühen. Ebenso gefordert waren sie beim Fehlerzählen in der Ballade eines unbekannten Dichters, die wir aber alle kennen: Die Nacht war schwarz, der Mond schien helle … Die genaue Fehlerzahl soll hier jedoch nicht verraten werden, damit die Zuhörenden mit ihrem Spezialwissen weiterhin Eindruck machen können. Nur zwei Fragen seien erlaubt: Wachsen Birnen an Apfelbäumen? Und sind Pflaumen im Frühling reif?
In der Stunde zuvor brachte Eberhard Vogelwaid für die Fünftklässler im Forum Märchen zu Gehör, zum Beispiel Märchen aus Dänemark und Norwegen. Einem indonesischen Märchen war zu entnehmen, dass ein selbst gewähltes Schicksal leichter zu ertragen ist als ein Schicksal, welches von höheren Mächten auferlegt wird. Besonders eindrucksvoll erzählte er ein Märchen aus der Ukraine, in dem die menschenfressende Hexe Baba Jaga ein Mädchen verschont, weil dieses imstande ist, alle gestellten Aufgaben zu erledigen. Dabei wird es von der Liebe ihrer Mutter in Form einer hilfsbereiten Puppe unterstützt. Diese Hilfe bekommt das Mädchen auch zu Hause, wo ihr zwei garstige Stiefschwestern das Leben schwer machen. Nicht nur Märchenexperten erkannten schnell Parallelen zum bekannten Aschenputtel und verstanden dieses ukrainische Märchen als Plädoyer für Menschlichkeit und Friedfertigkeit.
Der Besuch des Märchenerzählers und Rezitators Eberhard Vogelwaid war auch dieses Mal wieder etwas ganz Besonderes. Schon einige Jahrgänge durften seine eindrucksvollen Vorträge genießen und in der pandemiebedingten Pause hat er uns gefehlt. Schön, dass wir nun wieder seiner einzigartigen Stimme lauschen durften!
E. Partmann-Ählen