Gedanken zum Besuch der Gedenkstätte Westerbork in den Niederlanden

Im niederländischen Westerbork besuchte der Jahrgang 10 mit ihren LehrerInnen Frau Meyering, Frau Kleesiek-Herding und Herrn Vogel am 04. April 2024 die Erinnerungsstätte Kamp Westerbork und das ehemalige Lagergelände, das während der deutschen Besatzungszeit ab Mai 1940 als Durchgangslager diente. Die tragische Geschichte von Westerbork, der 102.000 Juden und Jüdinnen, Sinti und Roma sowie niederländische Widerstandskämpfer Opfer des nationalsozialistischen Vernichtungswahn wurden, ist von tiefer Bedeutung. Unter den Deportierten befanden sich auch viele Kinder, darunter der kleine Leo Meijer und die Schwestern Anne und Margot Frank. Bis September 1944 verließen insgesamt 93 Züge Westerbork, um die Insassen in Auschwitz, Sobibor, Theresienstadt und Bergen-Belsen zu töten. Die Erinnerung an diese dunkle Periode der Geschichte darf niemals verblassen.

Zu diesem aufschlussreichen Tag haben wir mit ein paar anwesenden Schülerinnen ein Interview zum Besuch der Gedenkstätte geführt.

  1. Was hast du durch den Besuch der Gedenkstätte Neues zur damaligen Zeit gelernt?

Neben den vielen neuen Eindrücken habe ich besonders eins zur Zeit des Nationalsozialismus gelernt. Nämlich, dass es verschiedene „Arten“ von Lagern mit verschiedenen Funktionen gab. Tatsächlich gab es aber auch sog. Übergangs- und Durchgangslager, wie es z.B. Westerbork war, wo die Gefangenen zunächst „verwahrt“ wurden, bis sie in die Vernichtungslager im Osten deportiert wurden. In Übergangslagern hatten die Gefangenen sogar ein relativ „normales“ Leben mit Schule oder Arbeit und vielen möglichen Aktivitäten wie Fußballspiele oder Abendprogramme wie Theater oder Gesang, die meistens die Gefangenen selbst organisierten. Es wurde sogar eine Art falsche Realität geschaffen, um Panik bei den Häftlingen zu vermeiden.

  1. Welches persönliche Schicksal ist dir vom Besuch am meisten in Erinnerung geblieben?

Mich persönlich hat die Geschichte des jüdischen Jungen Leo Meijer sehr gefesselt, der 1935 in Zwijndrecht geboren wurde. Er hatte eine schöne Kindheit und besuchte die zweite Klasse der Grundschule. Im Zuge der deutschen Besetzung der Niederlande wurden er und seine seine Familie sowie viele andere jüdische Familien 1942 ins Lager Westerbork verschleppt. In Westerbork lebten sie für zwei Jahre und führten unter den gegebenen Umständen ein scheinbar “normales” Leben. Natürlich war es trotzdem anders als zu Hause, da sie in Baracken mit vielen anderen in einem Zimmer schlafen mussten. Im September 1944 wurde sie dann vom Übergangslager in Westerbork in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert und später nach Auschwitz, wo Leo und seine Mutter ermordet wurden, während sein Vater den Krieg überlebte. Dieses Schicksal ist mir ganz besonders in Erinnerung geblieben, besonders da Leo in einem so jungem Alter bereits so etwas Schlimmes erleben musste. Daher hat mich auch die Ausstellung dazu im Museum des Lagers sehr interessiert.

  1. Welches der Ausstellungsstücke fandest du am interessantesten?

Ich fand die meisten der Ausstellungsstücke sehr interessant, jedoch gab es ein paar, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind. Beispielsweise die Gleise am Ende des Lagergeländes, von denen noch ein Stück übrig ist, mit denen die Gefangenen damals von Lager zu Lager transportiert wurden. Ich finde den Gedanken, wie viel Furcht die Gefangenen beim Transport empfunden haben müssen, sehr beängstigend. Des Weiteren sind mir die Koffer der Gefangenen im Museum in Erinnerung geblieben, in denen u.a. ihre Gepäckliste aufgelistet wurde und die Dinge, die sie nicht behalten durften, wie z.B. Bücher oder Spiele.

  1. Wie hast du dich während der Exkursion in Westerbork gefühlt?

Die Geschichten und die verschiedenen Eindrücke der Gefangenen haben mich sehr berührt. Zudem ist es ein sehr sensibles Thema, mit dem man gewissenhaft  umgehen muss. Direkt beim Betreten des Lagers schwang ein mulmiges Gefühl mit sich. Man konnte sich in Ansätzen das Leid solcher Orte vorstellen, obwohl es eine schwierige Frage ist, ob man sich so etwas überhaupt vorstellen kann oder auch darf. Nichtsdestotrotz habe ich persönlich einen sehr großen Respekt gegenüber den Gefangenen empfunden.

  1. Würdest du die Gedenkstätte nochmal besuchen?

Ich würde den Besuch der Gedenkstätte definitiv weiterempfehlen, da es ein sehr informativer Besuch inklusive Führung und Museumsbesuch war. Insgesamt würde ich definitiv sagen, dass die Gedenkstätte einen Besuch wert war und jeder sie einmal gesehen haben sollte, um das Verständnis der Geschichte besser nachzuempfinden. Eine Voraussetzung zu einem Besuch des Lagers ist meiner Meinung nach aber auch, dass man vorher über das NS- Regime gelernt hat (z.B. im Geschichtsunterricht), um basierend auf der Wissengrundlage Neues dazuzulernen, denn so war der Besuch des Lagers sehr aufschlussreich für mich.

Von Soraya Amira Menke, Sina Gebbeken und Hanna Wobken (Jg. 10)