Erinnerung an die Pogromnacht in Haren am 10. November 1938
Schüler und Schülerinnen des Jahrgangs 9 haben sich im Rahmen des Gedenkens an die Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 mit einem der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte beschäftigt.
Neben dem Jahrestag im Gedenken an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 ist der 9. November einer der bedeutendsten Gedenkstage der Bundesrepublik Deutschland. Obwohl die Thematik im Geschichtsunterricht des Jahrgangs 9 noch nicht anstand, beschäftigten sich die Schüler und Schülerinnen mit der Frage nach der Bedeutung des Tages für die deutsche Geschichte und reflektierten die historischen Ereignisse, die ebenfalls auf den 9. November datiert sind (Scheitern der Märzrevolution am 9. November 1848, Ausrufung der Republik am 9. November 1918, Hitler-Putsch am 9. November 1923, Mauerfall am 9. November 1989). Neben der Kenntnis der historischen Ereignisse stand dabei das forschende und entdeckende Lernen im Mittelpunkt, denn die in Haren verlegten Stolpersteine waren den meisten Schülern und Schülerinnen in ihrer Zielsetzung und Verortung nicht bekannt. So begaben sie sich zusammen mit ihrer Geschichtslehrerin Katrin Kleesiek-Herding im Harener Stadtkern auf Spurensuche, wobei zunächst die Erinnerungsstelen am Ort der Evangelischen St. Johanniskirche in Haren aufgesucht wurden.
In Kleingruppen suchten die Schüler und Schülerinnen dann die in der Langen Straße verlegten Stolpersteine auf, die anschließend gemeinsam vom Straßenschmutz befreit wurden. Das Messing der Stolpersteine läuft ohne regelmäßige Reinigung schnell an und Straßenschmutz lässt die Steine dunkel werden.
Jetzt erscheinen diese wieder sichtbarer und präsenter für Passanten. Auf die Schülergruppen aufmerksam geworden zeigten sich auch einige Besucher der Einkaufsstraße Harens und erkundigten sich bei den Schülern und Schülerinnen nach der Reinigungsaktion. „Die Stolpersteine sind mir noch nie aufgefallen, das wusste ich gar nicht“, so die Reaktion einer Passantin. Umso wichtiger, dass derartige Aktionen in der Öffentlichkeit stattfinden und wahrgenommen werden.
Der 9. November 1938 gilt als Zäsur in der Verfolgung von Jüdinnen und Juden in Deutschland, da nun offenkundig wurde, dass die mit der Machtübernahme begonnene Phase der Diskriminierung und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung in eine neue Phase der offenen und gewaltsamen Verfolgung, Vertreibung und Deportation überging. Diese mündete schließlich im Völkermord von sechs Millionen europäischen Juden und Jüdinnen, die im Namen der menschenverachtenden NS-Ideologie bis 1945 deportiert, gefoltert und ermordet wurden. Mit dem Anschluss Österreichs im März 1938 fanden dort schon erste antisemitische Gewaltexzesse statt und viele Juden wurden in Konzentrationslagern eingesperrt.
Unmittelbar nach der Anordnung des Pogroms gegen die jüdische Bevölkerung im Deutschen Reich und Österreich durch die nationalsozialistische Führung wurden am Abend des 9. November 1938 bei den Ausschreitungen 1400 Synagogen und jüdische Bethäuser in Brand gesetzt sowie jüdische Geschäfte durch die SA und SS zerstört und geplündert. Auch viele jüdische Friedhöfe sind dabei geschändet und verwüstet worden. Insgesamt 30.000 Menschen wurden inhaftiert, Hunderte starben an den Haftbedingungen oder wurden hingerichtet. Bereits in der Nacht vom 7. auf den 8. November 1938 war es zu massiven antijüdischen Gewalttaten in Fulda und Kassel gekommen.
Die seit 1909 bestehende Harener Synagoge am Pascheberg wurde am 10. November 1938 zerstört und niedergebrannt. Die jüdischen Mitbürger Harens z. T. waren dabei schweren Misshandlungen und Schmähungen ausgesetzt.