Auf den Spuren des politischen Widerstands

Harener Gymnasiasten treffen polnische Partner in Kreisau

Haren. Der niederschlesische Ort Kreisau, bekannt für den politischen Widerstand des sogenannten Kreisauer Kreises gegen den Nationalsozialismus, war Schauplatz einer internationalen Begegnung von Schülern des Gymnasiums Haren und dessen Partnerschule aus der polnischen Hauptstadt Warschau. Untergebracht war man in der internationalen Jugendbegegnungsstätte, die als großzügiges Landgut bis zum Jahre 1945 im Familienbesitz der Adelsfamilie von Moltke gewesen war.

Die deutschen und polnischen Jugendlichen widmeten sich an diesem geschichtsträchtigen Ort im Rahmen diverser Workshops der anspruchsvollen Thematik des Widerstands gegen totalitäre Regime, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Eheleute Helmuth James und Freya von Moltke gerichtet war, die bis zum Jahre 1943 gemeinsam in Kreisau gelebt hatten, bis der Ehemann von der Gestapo verhaftet und im Januar 1945 in Plötzensee auf bestialische Art und Weise hingerichtet worden war. Der Briefwechsel des Ehepaars aus diesem Zeitraum ist mittlerweile der Öffentlichkeit zugänglich, so dass sich auch die Harener Gymnasiasten mit ihren Austauschpartnern im Gut Kreisau ein Bild von der leidenschaftlichen Zwischenmenschlichkeit, aber auch, im Wissen darüber, sich niemals wiederzusehen, von den Vorstellungen der von Moltkes von einer friedlichen und demokratischen Nachkriegsordnung machen konnten. „Uns ist besonders anhand der Beschäftigung mit der Thematik vor Augen geführt worden, welch hohes Gut die Meinungsfreiheit ist“, berichtete die Harener Schülerin Carina Dall, auch im Wissen um die Tatsache, dass angesichts häufig anonymer Hassparolen im Internet gegenwärtig eindeutige Grenzüberschreitungen festzustellen sind, die einer demokratischen Gesinnung zuwiderlaufen.

„Beeindruckt hat uns auch der Tagesausflug nach Breslau“, sagte der 15-jährige Timothy Hache, der ebenso wie seine Mitschüler von der Präsenz der sogenannten Breslauer Zwerge überrascht war, jenen Figuren, die auf eine politische Oppositionsbewegung im damals kommunistischen Polen zurückzuführen sind und die das Thema Widerstand nochmals in einem anderen Kontext präsent werden ließen. Der Besuch des Denkmals für Kardinal Kominek mit der Inschrift „Wir vergeben und bitten um Vergebung“ bot einen weiteren Anlass für eine kritische Auseinandersetzung mit einer einseitigen Zuweisung einer Täter- beziehungsweise Opferrolle zur Zeit des Zweiten Weltkriegs und in den Nachkriegsjahren. In diesem Zusammenhang konnten wiederum Bezüge zur Harener Stadtgeschichte und zur Herausforderung einer historischen Aufarbeitung hergestellt werden. Von 1945 bis 1948 war die emsländische Stadt eine polnische Enklave.   „Wir haben nicht nur viel für den Geschichtsunterricht gelernt, sondern konnten auch persönlich sehr viel von dieser Begegnung mitnehmen, sind sich Carina Dall und Timothy Hache einig, die auch feststellen mussten, dass die Unkenntnis der Landessprache einem harmonischen und friedlichen Miteinander mit den polnischen Altersgenossen nicht im Wege steht. Neben dem inhaltlichen Erkenntnisgewinn bestätigten auch Studienrätin Uta Möhlenkamp und Oberstudiendirektor Michael Heuking, die die Reise organisiert hatten, diese Einschätzung, so dass man bereits heute mit Vorfreude auf die kommende Begegnung im thüringischen Weimar blickt. pm

Viel über den politischen Widerstand zur Zeit des Nationalsozialismus lernten die Schüler des Gymnasiums Haren und der Partnerschule aus Warschau. Foto: Gymnasium Haren


aus: Meppener Tagespost, Ausgabe 22.11.2019, S. 17