„Hier ist kein Platz für Antisemitismus“

Harens Erster Stadtrat ruft zu Gegenhaltung auf

Haren. Mehr als 100 Teilnehmer waren in die St.- Johannis-Kirche gekommen, um gemeinsam der Pogromnacht in Haren vor 81 Jahren zu gedenken.

An der Werftstraße, wo heute das evangelische Gotteshaus steht, befand sich bis zu den traurigen Ereignissen des 9. und 10. November 1938 die jüdische Synagoge der Stadt. In einer bewegenden Gedenkstunde, die durch die Lehrerinnen Katrin Kleesiek-Herding und Sarah Bülter mit Schülervertretern und dem Chor „Young Voices“ des örtlichen Gymnasiums gestaltet wurde, erinnerte man an die Zerstörung der Synagoge und das Schicksal der damaligen jüdischen Mitbürger. Die meisten von ihnen verstarben in der Folge in Konzentrationslagern.

Vorgetragen wurden ferner die Kindheitserinnerungen des Zeitzeugen Heinrich Elfring, der die Geschehnisse als Sechsjähriger in Haren miterlebt hatte. Er war eng mit dem damals zehnjährigen Juden Paul Jakobs befreundet. Die Pogromnacht trennte beide Lebenswege abrupt, als die Familie Jakobs nach dem Synagogenbrand deportiert wurde. Als einer der wenigen überlebte Paul Jakobs den Holocaust und lebte später in den USA.

Anhand der Biografie von Samuel Liechtenstein-Ehrlich zeichnete Katrin Kleesiek-Herding eindrücklich den Lebens- und Leidensweg eines weiteren Holocaust-Opfers nach, der stellvertretend für viele schwere Schicksale jüdischer Mitbürger stünde.

Im Anschluss erfolgte die Kranzniederlegung am Mahnmal vor der Kirche durch den stellvertretenden Bürgermeister Johannes Tieben, den Ersten Stadtrat Dieter Sturm und Pastor Torben Rakowski. In seiner Rede verwies Sturm auf das Attentat von Halle, den Rechtsruck in den Parlamenten von Sachsen, Brandenburg und Thüringen und eine zunehmende Verrohung der Sprache, die in Aussagen wie „Wir werden sie jagen“ oder „Wir holen uns unser Land und unser Volk zurück!“ gipfeln.

Hier gelte es, einem aufkeimenden Antisemitismus entgegenzutreten: „Für Haren gilt heute und in Zukunft: Wir sind Teil einer toleranten und sozialen Gesellschaft. In unseren Reihen ist kein Platz für Antisemitismus, kein Platz für Ausländerfeindlichkeit und ganz bestimmt kein Platz für jegliche Form von Hetze.“

Musikalisch begleitete Rita Veltrup die Kranzniederlegung mit einem Trompetensolo. pm

Unter großer Anteilnahme wurde der Opfer der Pogromnacht gedacht. Foto: Stadt Haren

aus: Meppener Tagespost, Ausgabe 13.11.2019, S. 15

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