Wissenschaftler berichtet über den Klimawandel
Von Tobias Böckermann
Haren. Der vom Menschen verursachte Klimawandel ist Realität – wer das nicht glauben will, hatte beim Akademieabend des Gymnasiums Haren Gelegenheit, sich mit den Fakten zu beschäftigen. Mit Professor Jürgen Kropp sprach ein gebürtiger Emsländer, vor allem aber ein ausgewiesener Experte zum Thema. Seine Botschaft war eindeutig. Schulleiter Michael Heuking hatte zuvor thematisch den Boden bereitet und aus der Zuschrift eines Harener Bürgers zitiert. Dieser hatte seine Teilnahme am für alle Interessierten offenen Akademieabend mit der Begründung abgesagt, am übertriebenen „Hype um den Klimawandel“ wolle er sich nicht beteiligen. Die hysterisch herbeigeredete Apokalypse drohe in Wahrheit nicht.
Über Skeptiker: Professor Kropp kennt solche Skeptiker. Er sagte: „Mit Kritik können und müssen Forschung und Politik umgehen – jedenfalls solange das Gegenüber für Argumente offen ist.“ Beim Klimawandel seien einige Menschen das leider nicht und das Bemühen um die Wahrheit in diesen Fällen vergebens.
Denn das sagt die Wissenschaft: „Tatsache ist: 98 oder sogar 99 Prozent der Wissenschaftler weltweit sind sich sicher, dass wir es mit einer menschengemachten Klimaveränderung zu tun haben“, sagte Kropp und notierte im Folgenden die wichtigsten Beweise dafür.
Klar sei zwar, dass es immer einen natürlichen Klimawandel gegeben habe – durch Veränderungen der Erdstellung zur Sonne zum Beispiel. Dieser Wandel sei aber viel langsamer abgelaufen als heute. „Und seit einer Million Jahren ist das Klima weitgehend stabil gewesen.“
So groß ist die Veränderung: Durch die Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Öl und Erdgas habe der Mensch seit dem 19. Jahrhundert viel Kohlendioxid freigesetzt – die Konzentration in der Atmosphäre habe im Mittel und bis vor wenigen Jahrzehnten bei 280 ppm gelegen, im Mai 2019 habe man mit 409 ppm den höchsten Wert seit drei Millionen Jahren gemessen. Die Maßeinheit ppm steht für eine Anzahl von Teilchen pro Million (parts per million) anderer Teilchen. Das bedeute einen Anstieg um 44 Prozent seit 1850, die dadurch ausgelösten Klimaveränderungen liefen derzeit 30-mal schneller ab als natürlicherweise.
Die Folgen dieser Entwicklung sind bekannt oder werden recht sicher eintreten: höhere Temperaturen, mehr Extremwetterereignisse, ein steigender Meeresspiegel.
Einige Beispiele aus dem Emsland: Der Landkreis hat gerade zwei extreme Dürrejahre 2018 und 2019 hinter sich – nach einem Jahr 2017 mit extrem viel Regen und abgesoffenen Äckern. Am 23. Juni 2016 waren in Groß Berßen innerhalb 24 Stunden 150 Liter Regen gefallen – ein Rekord. Und im Juli 2019 legte Lingen mit 42,6 Grad Celsius eine nie gekannte Temperatur-Spitze für ganz Deutschland hin.
Das bringt die Zukunft: Vereinfacht gesagt, gebe es für die Zukunft mehrere Szenarien, sagte Kropp. Bisher habe die Menschheit 1800 Gigatonnen CO2 produziert, also durch Verbrennung in die Atmosphäre entlassen. Wolle man die Erderwärmung nun noch auf 1,5 Grad begrenzen, habe man nur noch 660 Gigatonnen „frei“, wolle man zwei Grad Erhöhung zulassen noch 1340 Gigatonnen.
Die Debatte: Gemeinsam mit dem Publikum und den Schülern Julian Kathmann und Matti Held diskutierte Professor Kropp über CO2-Bepreisung („bestenfalls ein Anfang“), zu erwartende Flüchtlingsströme durch den Klimawandel („sie werden massiv, wenn wir nicht gegensteuern“) und die Zeit, die dafür noch bleibt („wenige Jahre maximal“).
Die Fridays-for-Future-Bewegung lobte der Professor, vor allem, weil sie in der Lage war, einen Druck auf die Politik aufzubauen, den es ohne sie nicht gegeben hätte. Sicher sei: Allein das Pflanzen von Bäumen als CO2-Senke werde nicht reichen, erforderlich sei ein anderer Lebensstil vor allem in den westlichen Industrieländern. Hier sei jeder gefragt.
Das Harener Gymnasium hatte vor einigen Wochen seinen ganz eigenen Weg gefunden, die Fridays-for-Future-Bewegung zu unterstützen: Mit einem großen Klimatag samt Umzug durch die Stadt Haren (wir berichteten).
Einige Tage nach dem Akademieabend hat die Bundesregierung übrigens ihren aktuellen Klimabericht vorgelegt. Dem Report zufolge erhöhte sich die mittlere Lufttemperatur in Deutschland von 1881 bis 2018 um 1,5 Grad. 2013 sei man noch von 1,2 Grad ausgegangen.
Es sei nicht auszudenken, was es bedeuten würde, wenn sich das in dieser Geschwindigkeit wirklich fortsetzen würde, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze.
Fotos: Tobias Böckermann
aus: Meppener Tagespost, Ausgabe 29.11.2019, S. 17