– ein fächerübergreifendes Projekt der Fächer Mathematik und Physik für die Jahrgangsstufe 9 –
Für 25 freiwillige Schülerinnen und Schüler des Jahrgangs 9 galt am Vormittag des 29.01.2019 „Lernen außerhalb des 45-Minuten-Taktes“. In 5 Gruppen konnten sie sich einer Auswahl von 5 Lernstationen zum Thema „Messen“ widmen. Dieses Thema ist von erheblicher Bedeutung für die Naturwissenschaften, insbesondere für die Physik, und erfordert an vielen Stellen mathematische Kenntnisse und Fähigkeiten. Es ist insbesondere im Zusammenhang mit der Ausbildung beruflicher Qualifikationen zu sehen.
Im Folgenden eine kurze Beschreibung der Lernstationen:
1. Station: Dem König von Knetland wird geholfen – Das Eichproblem
Eine zentrale Fragestellung im Messwesen ist das Problem der Eichung, z.B. bei Massen, Längen, Zeitspannen, Temperaturen, usw. Das Thema besitzt hohe Aktualität, da man zur Zeit die Festlegung aller physikalischen Einheiten umstellt, indem man sie über Naturkonstanten definiert.
Unter Verwendung von Knetgummi, Balkenwaagen, Spiralfedern und Längenmaßstäben waren die Schüler(innen) aufgefordert, sich mit der Eichung von Massen zu beschäftigen. Die Thematik wurde in eine fiktive Geschichte über den ‘König von Knetland’ eingekleidet, in der es darum geht, mit Hilfe des ‘Urknets’ (im realen Leben das Urkilogramm) die vielfältigen Probleme bei der Eichung von Massen und bei Massenbestimmungen zu lösen.
2. Station: Messfehler
Bei dieser Lernstation gewannen die Projektteilnehmer(innen) einen etwas tieferen Einblick in die Mathematik des Messens. Es wurden hohe Anforderungen an sie gestellt, da sie selbstständig mathematische Grundlagen erarbeiten mussten, die im regulären Unterricht teilweise erst Jahre später behandelt werden. Zunächst wurden zufällige Messfehler mit Hilfe der mathematischen Größen ‘arithmetisches Mittel’ und ‘empirische Standardabweichung’ beschrieben. Anschließend wurde sichtbar gemacht, dass Messfehler trotz ihrer Zufälligkeit ‘System’ haben, weil sie nämlich durch die berühmte Gauß’sche Glockenkurve beschrieben werden können. Um dies nachzuprüfen, wurde die Laufzeit einer Kugel in einer Rinne mit genauen Stoppuhren 100 Mal gemessen. Die Auswertung der Messdaten ergab eine recht gute Übereinstimmung mit der Theorie.
3. Station: Die Messung der Zeit
Die Schülerinnen und Schüler konnten durch eigene Messungen feststellen, wie ungenau eine selbstgebaute elektro-mechanische Uhr war (Fehler etwa 0,05) und wie viel genauer eine aus Transistoren und Kondensatoren gebaute Flip-Flop-Uhr (Fehler kleiner als 0,003) ist. Noch einmal viel genauer (Fehler: 0,00001) ist eine Quarzuhr und supergenau (Fehler: 0,000 000 000 000 015) ist die Königin aller Uhren, die Cäsium-Atomuhr, wie die Projektteilnehmer(innen) aus Lehrvideos erfuhren. Wie lange ist eigentlich „das Jetzt“? Dieser Frage gingen die Schüler(innen) beim Studium des Magazins „maßstäbe 6“ der PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig) nach. Je nachdem, ob man Gehirnströme misst, oder ob man das Reiz-Reaktionsmuster untersucht, oder ob man das Empfinden von ‘Gleichzeitig’ oder ‘Nacheinander’ befragt, oder ob man die Funktion des Kurzzeitgedächtnisses erforscht, erhält man ganz unterschiedliche Antworten von 30 Millisekunden bis 3 Sekunden.
4. Station: Der Schall und das Problem Reize zu messen
Anhand von Gewichtsunterschieden 5 kg + 0,5 kg oder 100 g + 10 g konnten die Schüler selber erproben, dass Reize immer relativ zu einem Grundwert wahrgenommen werden. Anhand von Rasseln konnten die Schüler nachvollziehen, dass sich der von einer Rassel ausgelöste akustische Reiz verdoppelt, wenn man die Anzahl der Rasseln auf acht erhöht. Wenn man aus der Reizverdopplung (jeweils Multiplikation mit 2) eine lineare Skala macht (jeweils Addition von 10), kommt die Mathematik ins Spiel. Die Dezibel-Skala zur Messung von Schallintensitäten beruht auf diesem Prinzip und wird mathematisch durch die Logarithmusfunktion beschrieben.
Das Messen der Lautstärke von Rasseln mit einer Schallstärke-App des Smartphones ergab, dass bei etwa zehn Rasseln im Vergleich zu einer Rassel die Schallintensität um 10 Dezibel zugenommen hat. Natürlich haben die Schülerinnen und Schüler auch ausprobiert, wie viel Dezibel man erreichen kann, wenn alle so laut wie möglich ins Smartphone schreien: Es waren nur enttäuschende 10 dB mehr.
5. Station: PTB – Die Messspezialisten
Bei dieser Lernstation wurde die zentrale Institution für das Mess- und Eichwesen in Deutschland, die PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig), in den Blick genommen. Die Projektteilnehmer(innen) informierten sich anhand ausgelegter Materialien und Videos über die Zielsetzungen der PTB, ihre verschiedenen Abteilungen, ihre Geschichte und insbesondere über Ausbildungsmöglichkeiten bei der PTB.
In der Nachbesprechung äußerten sich die Schülerinnen und Schüler durchweg positiv, übten an einigen Stellen aber auch (konstruktive!) Kritik an der Konzeption der Lernstationen. Der Projekttag sollte ihrer Meinung nach auch im kommenden Jahr wieder für die Jahrgangsstufe 9 angeboten werden, insbesondere auch deswegen, weil im Jahrgang 9 kein regulärer Physikunterricht stattfindet.
J. Hoffmann, M. Sollert