Spurensuche am historischen Ort: Elternvertreter des Gymnasiums Haren erkunden das Gelände des ehemaligen Durchgangslagers Westerbork in den Niederlanden

Die Idee gab es schon lange: Interessierten Eltern unserer Schüler und Schülerinnen mit dem Angebot eines Gedenkstättenbesuch die historische Dimension des Holocausts nahebringen und dabei als Besucher Ansätze der Gedenkstättenpädagogik kennenzulernen.

Vor den Sommerferien war es dann endlich soweit und eine Gruppe fuhr gemeinsam mit Frau Kleesiek-Herding in die Niederlande. Dabei stand die Arbeitsweise des entdeckenden und forschenden Lernens im Zentrum-wie es auch unsere Schüler und Schülerinnen im Jahrgang 10 schon seit einigen Jahren in Westerbork erleben können.

Tief bewegt zeigten sich alle Teilnehmenden vom Schicksal des kleinen Jungen Leo Meijer, der über Westerbork nach Auschwitz deportiert und dort am 6. Oktober 1944 ermordet wurde. Stellvertretend steht sein Schicksal für das Tausender Kinder in Westerbork, deren Weg in die Gaskammern führte.

Auch das Schicksal von Anne Frank erschütterte. Am 3. September 1944 werden Anne Frank und die sieben anderen Untergetauchten aus dem Hinterhaus in das besetzte Osteuropa deportiert, zusammen mit mehr als tausend anderen jüdischen Gefangenen. Anne Frank weiß im Versteck von der Existenz des Lagers Westerbork. Von den Helfern und Helferinnen und im Radio hört sie Nachrichten über den Krieg und die Judenverfolgung. In ihr Tagebuch schreibt sie am 9. Oktober 1942, B-Version: „Unsere vielen jüdischen Bekannten werden gruppenweise verhaftet. Die Gestapo geht mit diesen Menschen nicht gerade sanft um, sie werden einfach in Viehwaggons nach Westerbork gebracht, in das große Judenlager in Drenthe.“ Und sie schreibt: „Wenn es schon in Holland so schlimm ist, wie werden sie dann erst in den fernen und barbarischen Gegenden leben, in die man sie schickt? Wir nehmen an, dass die meisten ermordet werden.”

Es sind insbesondere die Kinderschicksale und die biografischen Ansätze der historischen Forschung, die uns als Gruppe erschüttert und sprachlos gemacht hat.

Das Erinnerungszentrum Westerbork erzählt dabei die Geschichte von mehr als 100.000 Juden, Sinti und Roma und Widerstandskämpfern, die den Vernichtungswahn der Nazis in den Lagern im Osten nicht überlebten. Westerbork, als Durchgangslager für die Deportationen auch als „Portal zur Hölle“ bezeichnet, war der zentrale Ort zur Ausführung der auf der Wannseekonferenz beschlossenen „Endlösung der Judenfrage“ in den Niederlanden.

Mittels einer VR Brille hatten alle Teilnehmenden im Anschluss an die Begehung und die Arbeit im Museum die Möglichkeit, das für Besucher heute nicht mehr zugängliche Kommandantenhaus in Westerbork virtuell zu erkunden.

Ein Dank gilt auch Caroline Wille, die den Besuch mit unseren Elternvertretern begleitete, die VR Brille zur Verfügung stellte und die Fotos machte.

K. Kleesiek-Herding