Fünf Orte – Fünf Geschichten – Fünf Menschen: Die Geschichte eines Rentners

Rainer Schönberger ist ein Rentner aus Mandelsloh, der 1954 in Hessen geboren wurde und 25 Jahre bei der Jugendhilfe als Hausmeister gearbeitet hat.

Wo stammen Sie genau her?

Ich komme aus dem schönen Hessen und bin 1972/73 hier nach Hannover gekommen, wo ich dann meine erste Frau kennengelernt habe. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen und wir waren 27 Jahre verheiratet. Dann haben wir uns getrennt und anschließend habe ich meine jetzige Frau, Kerstin, kennengelernt. Wir haben wiederum zwei Kinder bekommen, einen Sohn, der heißt Lennart und eine Tochter, die heißt Lilly. Wir leben in Mandelsloh, uns geht es recht gut und wir haben ein Haus.

Sind Sie froh, Rentner zu sein?

Rentner zu sein bedeutet, dass man ein Stück weit soziale Kontakte verliert und hier in Deutschland, als Rentner, sehr schnell in die Armutsfalle reintappen kann. Mir ist es so ergangen, dass ich irgendwann aufgrund meiner Gesundheit nicht mehr arbeiten konnte. Dies wurde auch vom Amt bestätigt, sodass ich dann 100% erwerbsunfähig wurde. Dann kam für mich ein Schock, da ich aufgrund dessen nicht mehr arbeiten konnte, damals war ich knapp 60 Jahre alt. Mir wurde mitgeteilt, dass 11% meiner Rente abgezogen werden, weil ich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann. Dazu kommt noch, dass die von mir eingezahlte Rente auch noch versteuert wird und das finde ich ist eigentlich ungerechtfertigt. Trotzdem bin ich irgendwie auch froh Rentner zu sein, weil sich die Arbeitswelt dermaßen verändert hat. Das Miteinander am Arbeitsplatz wird in den Hintergrund gerückt und die soziale Komponente verschwindet immer mehr. Viele arbeiten nur noch des Geldes wegen, Spaß bzw. Gefallen an der Arbeit ist kein richtiger Faktor mehr, dies haben mir auch Leute aus meinem Umfeld bestätigen können. Deshalb bin ich auch froh, Rentner zu sein.

Wo haben Sie denn gearbeitet?

Ich habe zunächst eine Ausbildung zum Tischler gemacht, aber angefangen habe ich eigentlich im Verkauf. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, mit Menschen Kontakt zu haben. Ich war dort freiberuflicher Mitarbeiter, bin dann aber in den Baumarktbereich als Fachberater für Holz und Bauelemente übergegangen, woran ich sehr viel Spaß hatte. Nachdem die Firma die Pforten geschlossen hat, bin ich in den sozialen Bereich gewechselt. Ich bin dann in einem Jugendheim gelandet, als Hausmeister bzw. Facility Manager, wie man das heutzutage nennt. Dort bin ich 25 Jahre tätig gewesen und das hat mir auch sehr viel Spaß gemacht mit den Jugendlichen zu arbeiten und auch mit den Menschen, die für die Bewohner da waren. Das alles war ein ganz tolles Miteinander, mit den ganzen Wohngruppen, wenn man dort hingekommen ist, das war jedes Mal ein Erlebnis. Manchmal negativ, aber überwiegend positiv. Das war oft wie eine zweite Familie für mich.

Und was haben Sie alles bei der Jugendhilfe gemacht?

Also ich war eigentlich als Hausmeister eingestellt, das war der Ursprung. Das war für ein einziges Kinderheim, was sich aber im Nachhinein ausgeweitet hat. Auch mit Zivildienstleistenden habe ich hausmeisterliche Tätigkeiten, wie Reparaturen an Gebäuden, den Garten und eben alles, was zum Facility Management dazugehört, durchgeführt. Des Weiteren habe ich auch noch vier Außenwohngruppen betreut und die jeweiligen Büros kamen auch noch dazu, ebenso etwa 25 Wohnungen für Jugendliche, die dort in Betreuung waren. Diese Wohnungen und die Autos der Wohngruppen hatte ich auch noch zu betreuen. Falls es mal eng geworden ist mit dem Personal, durch Urlaub oder Krankheit, bin ich auch mal als Erzieher eingesprungen. Das hat sich alles so weiter entwickelt, dass ich mit den Jugendlichen auch noch Projekte gemacht habe, um ihnen zu zeigen, dass sie wertvoll sind, das sie auch etwas können und das man ihnen nicht alles abspricht, sondern das man ihnen sagt: „Guck mal, das habt ihr gemacht und das ist echt toll geworden.“ Das gibt ihnen Selbstvertrauen und ein Selbstwertgefühl.

Viele ältere Menschen sagen, „damals war alles besser“. Sehen Sie das auch so?

Besser? Nein. Besser würde ich so nicht stehen lassen, es war nicht besser, es war anders. Es war der Zeit entsprechend. Ein einfaches Beispiel wären Autos. Wenn man sich damals ein Auto gekauft hätte, das 1960 auf den Markt gekommen ist und man sich heute ein Auto anschaut, was Sicherheit und Komfort anbelangt, dann sind die Autos auch nicht teurer, sondern besser und sicherer, insofern war es früher nicht schlechter, es war anders und heute ist es eben auch anders als früher, weil es die Zeit mit sich bringt, dass man auch Veränderungen annehmen und sich mit diesen arrangieren muss. Also besser oder schlechter möchte ich so gar nicht formulieren, es war anders. Es war alles eben der Zeit angepasst.

Zum Abschluss: Haben Sie noch irgendwelche „Weisheiten“ für die heutige Jugend?

Ich würde der Jugend mit auf den Weg geben, einen Weg zu gehen, der ihnen gefällt und sich nichts aufzwingen zulassen, aber auf jeden Fall sollten sie erst eine ordentliche Ausbildung machen und dann können sie so lange studieren wie sie möchten, weil es ist nicht so unwahrscheinlich, dass man das Studium abbricht und dann mit leeren Händen da steht, deshalb sollte man erst eine Ausbildung machen. Ganz wichtig ist auch noch, dass man seinen Körper nicht für die Arbeit kaputt macht. Man hat nur einen Körper und den sollte man nicht für die Arbeit aufopfern. Meine Erfahrung, die ich für mich selber gemacht habe, ist, dass ich „Raubbau“ mit meinem Körper betrieben habe und das würde ich niemandem empfehlen.

Vielen Dank für das angenehme Gespräch und den Einblick, den Sie uns in Ihr Leben gegeben haben. Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft.

 

Interview von Lennart S., 8. Jahrgang, WPK Journalismus

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.