Gendergerechte Sprache in Hannover: Warum politische Korrektheit in diesem Fall Unfug ist
In den vergangenen Wochen gab es eine große öffentliche Debatte über geschlechtsneutrale Sprache – angestoßen durch die niedersächsische Landeshauptstadt: Hannover hat in diesem Jahr die gendergerechte Sprache für den gesamten städtischen Schriftverkehr eingeführt. Unser Autor hält solche Versuche für großen Unfug.
Ein Kommentar vom 14.05.2019
Die Entscheidung der Hannoveraner Stadtverwaltung traf auf breite Zustimmung, aber auch auf Ablehnung und Gelächter. So titelte die „Welt“, dass Hannover künftig gendergerecht in Hannover*in und Erfurt in Er-/Sie-/Esfurt umbenannt werde. Auch weitere Beiträge zeigen, wie unnötig und übertrieben und lächerlich solche Maßnahmen im Sinne der politischen Korrektheit sind.
Gegenüber Opfern von echter Diskriminierung erscheinen sie sogar zynisch, zum Beispiel gegenüber unbewaffneten schwarzen Jugendlichen in den USA, die ohne ersichtlichen Grund von Polizisten erschossen werden, gegenüber Mädchen in Afrika, die bei der Geburt verstümmelt werden, gegenüber Frauen in arabischen Ländern, die wegen sexueller Übergriffe gegen die eigene Person mit Steinigung bestraft werden und gegenüber Homosexuellen, die in manchen Ländern aufgrund ihres sexuellen Interesses inhaftiert oder sogar hingerichtet werden. Jene Menschen und ihre echten Probleme werden ignoriert, um sich darüber aufzuregen, warum es „Tomatenmark“ und nicht „Tomatenmarie“ heißt.
Außerdem geht politische Korrektheit meist mit einer ganz bestimmten, gnadenlos rassistischen und sexistischen Einstellung von Menschen einher. Letztere bezeichnen sich selbst zwar als „politisch korrekt“, dieser Einstufung kommen sie aber ungefähr so nahe wie ich einer Bergziege. Diese Menschen sind der Meinung, dass weiße Menschen keinen Rassismus erfahren und dass Männer nicht zum Opfer von Sexismus werden können. Wer dem nicht zustimmt, läuft selbstverständlich Gefahr als Rassist, Sexist, AfD-Anhänger, Bild-Leser, weißer, heterosexueller Eis-Mann etc. abgestempelt zu werden.
Dabei schafft politische Korrektheit Mauern zwischen Menschen verschiedener ethnischer Gruppen, weil sie den Fokus auf die Gruppenzugehörigkeit eines Menschen legen, wo diese eigentlich unwichtig ist und man diese Unterschiede ignorieren sollte. Sie bevormundet überdies Minderheiten, indem sie einer Minderheit zugehörige Menschen wie rohe Eier behandelt und nicht wie das, was sie eigentlich sind: Menschen. Sicher, der Artikel 3 unseres Grundgesetzes fordert vom Staat die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und Hannover hat hier brav seine Hausaufgaben gemacht, doch die praktische Umsetzung des Artikels meint wohl kaum das Gendersternchen. Dennoch bleiben derartige Versuche übertriebener politischer Korrektheit etwas ganz Besonderes, um es politisch korrekt auszudrücken.