Realschule Lohne blickt auf 150 Jahre ihres Bestehens zurück
von Werner Fangmann / Fotos Realschule Lohne und Stadtfotoarchiv Lohne
Drei Tage lang feierte die Realschule Lohne ihr Jubiläum zum 150-jährigen Bestehen. Vom 14. bis zum 16. Mai 2012 bekundeten über 4000 Menschen ihre Verbundenheit mit der Realschule – als Schüler, Eltern, Ehemalige, als Vertreter der kooperierenden Einrichtungen, des Schulträgers, der Politik oder als interessierte Gäste der einzelnen Veranstaltungen.
GESCHMÜCKTER EINGANG DER RS WÄHREND DER FESTWOCHE
Der Festakt
Die Festwoche startete mit einem von Dechant Rudolf P. Büscher und Pfarrer Dirk Range gestalteten ökumenischen Gottesdienst und dem anschließenden Festakt, zu dem Schulleiter Werner Fangmann neben dem Kultusminister Dr. Bernd Althusmann zahlreiche Ehrengäste begrüßen konnte. Besonders hervorgehoben wurde die Anwesenheit der Abschlussklasse von 1962, die vor 50 Jahren bereits Zeugen der 100-Jahrfeier waren.
Kultusminister Dr. Althusmann dankte der Realschule für ihr großes Engagement im Namen der Landesregierung. „Hier ist ein Ort des qualitativ hochwertigen Lernens“, betonte der Minister in seiner Rede. Es tue gut, auf eine Schule mit derart motivierten Lehrern und Schülern zu treffen. Nicht die Schulform sei entscheidend für eine gute Schule, sondern die Frage, wie Schule gelebt werde. Offensichtlich sei diese Realschule eine Schule des Herzens. Das Miteinander und die gegenseitige Wertschätzung sei überall spürbar. “Zudem ist es hier gelungen, kontinuierlich Bildungsstandards zu setzen und zu erhalten. Sie verfügen an dieser Schule über hervorragende Qualitätsmerkmale. Für die Zukunft wünsche ich Ihnen alles erdenklich Gute, Gottes Segen und weiterhin eine so engagierte Lehrer- und Schülerschaft.”
Die engen Bindungen zwischen der Realschule und der Stadt Lohne hob Bürgermeister Tobias Gerdesmeyer hervor. Die Schule sei trotz ihrer langen Geschichte jung, innovativ und modern geblieben. Generationen von jungen Lohnerinnen und Lohnern seien an dieser Schule auf ihr weiteres Leben vorbereitet worden. Dabei sei es nicht nur um die Vermittlung von Wissen gegangen, sondern es wurde ein besonderer Wert auf ein respektvolles und partnerschaftliches Miteinander gelegt. „Ein gutes Beispiel dafür ist das Projekt Fokus Mensch, das den Blick bewusst auf Menschen richtet, die sich in schwierigen Lebenslagen befinden. Das soziale Engagement der Schule ist vorbildlich.“
Das unterstrich auch der Präsident des SV Werder Bremen, Klaus-Dieter Fischer. Seit nun genau zehn Jahren ist die Realschule Partner des Bundesligisten von der Weser. „Auch die Bundesliga hat eine soziale Verantwortung und ich freue mich, dass ich das hier in Lohne und an dieser Schule sagen kann.“ Als Gastgeschenk brachte er 150 Freikarten für eines der ersten Heimspiele der neuen Saison mit und versprach die Schirmherrschaft für das Schulprojekt im nächsten Jahr zu übernehmen.
Als Vertreter der Elternschaft und der Schüler gratulierten Daniel Hempelmann und Hendrik Kleine der Realschule und wünschten, dass die Schule als Lernstandort noch lange erhalten bleibe.
Aus Rixheim, der französischen Partnerstadt von Lohne, waren der Schulleiter des Collège Capitaine Dreyfus Guy Spehler und seine Kolleginnen Evelyne Rummelhard und Anna Bagoe angereist. Sie unterstrichen die Bedeutung der Schülerbegegnungen und überreichten ein Bild als Ausdruck der Wertschätzung und Freundschaft.
GESTALTER DES GOTTESDIENSTES
K. Hochartz, M. Mieth, Pastor Range, Dechant Büscher
GÄSTE DER PARTNERSCHULE RIXHEIM, C. LANGOSCH
WERNER FANGMANN MIT EHRENGÄSTEN
Sport für jedermann
Der Dienstag stand ganz im Zeichen des Breitensports. Dreizehn Stationen, betreut von vielen Partnern der Realschule, luden die Schülerinnen und Schüler im Heinz-Dettmer-Stadion und in der Tennishalle zum Sporttreiben ein. Ausgestattet mit einer „Laufkarte“ konnte jeder mitmachen und sich seine Teilnahme bestätigen lassen. Es gab keinen Leerlauf , einige Schüler schafften es sogar, alle Angebote wahrzunehmen. Den stärksten Zulauf hatte das Tanz-Fitness-Programm „Zumba“, das von lateinamerikanischen Tänzen inspiriert ist. Zufrieden waren auch die Fußballtrainer von Werder Bremen sowie Pat Elzie, der Trainer des Basketballclubs Rasta Vechta, der mit einigen Zweitligaspielern den Jungen und Mädchen allerlei Tricks beibrachte. Die Radsportler des RSC Lohne zeigten ebenso ihr Können wie die Mitglieder des THW und der Feuerwehr, die mit ihren Vorführungen besonders die Jungen zum Staunen brachten.
SPORTVERANSTALTUNG IM HEINZ-DETTMER-STADION
Musischer Abend mit 150 Aktiven und mehr als 700 Zuschauern
Mehr als 150 Realschüler standen am Abend nach dem Sportfest schon wieder auf der Bühne und über 700 Gäste feierten sie für ihren Auftritt beim Musischen Abend im Festzelt an der Meyerhofstraße. Im Mittelpunkt der mitreißenden Show standen Musik und Bewegung. Nicht wenige Ehemalige nutzten die Gelegenheit ihr Können vor einem großen Publikum zu demonstrieren. Dabei bewegten sich die Musiker durch alle Zeiten und sehr unterschiedliche Stilrichtungen: von der irischen Folklore des 16. Jahrhunderts über Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart bis in die modernen Rock- und Jazzszenen. Die Tanzgruppen zeigten Akrobatik, tamilischen Volkstanz und aktuellen Hip Hop.
Frenetisch gefeiert wurden die Marimbaphondarbietungen von der ehemaligen Schülerin Silke Büscherhoff und Taergil Kim, die Erinnerungen an Zirkus Renz in Perfektion zeigten. Trotz der Dauer von mehr als zwei Stunden verlangten die Zuschauer Zugaben, spendeten tosenden Beifall und waren begeistert von dem Können der jungen Künstler.
MUSISCHER ABEND WÄHREND DER FESTWOCHE
Offene Schultüren
Am Mittwochmorgen öffneten sich die Schultüren für die Schüler der Nachbarschulen, aber auch für die Lohner Bevölkerung. Die Realschule wollte zu ihrem Jubiläum zeigen, welche Schwerpunkte im Unterricht und in den Wahlkursen gesetzt werden. So konnten vor allem die Lohner Grundschüler erfahren, dass an ihrer zukünftigen Schule der Spaß am Lernen im Vordergrund steht. Zahlreiche Ausstellungsräume zeugten von ereignisreichen Schulfahrten, sportlichen Aktivitäten, informativen Besichtigungen von Museen und Bauernhöfen, Betrieben und großen Unternehmen. Restaurierte Porsche-Traktoren, in Eigenbau erstellte Kajaks, mehrere Module einer Modelleisenbahn sowie kreative Bilder, Fotographien und Skulpturen belegten den handlungsorientierten Ansatz vieler Wahlpflichtkurse und Arbeitsgemeinschaften. Umfangreiche Dokumentationen zeigten die intensive Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler mit den Mitmenschen in verschiedenen sozialen Projekten.
AUSSTELLUNG VON SCHÜLERAKTIVITÄTEN
Abschluss und Höhepunkt: das Ehemaligentreffen
Was am Nachmittag bei den älteren ehemaligen Realschülern noch beschaulich begonnen hatte, steigerte sich im Verlauf des Abends und der Nacht zu einer großen Fete der Ehemaligen. Über 2500 Besucher strömten ab 19.30 Uhr auf den Schulplatz der Realschule. Zur 150-Jahrfeier ihrer Schule gab es ein stimmungsfrohes Wiedersehen im festlich geschmückten Zelt. Alle Jahrgänge, die nach dem Krieg entlassen wurden – vom Jahrgang 1953 bis 2011-, waren eingeladen und konnten sich auf den Abschlussbildern, die im Festzelt aufgehängt waren, wiederfinden. Viele Gäste erinnerten sich noch an das 100jährige Jubiläum aus dem Jahre 1962, die jüngeren schwelgten in ihren Erinnerungen und feierten unter den Klängen der Band „Live Sensation“ ihre Wiedersehensfreude kräftig ab. Eröffnet wurde die Feier mit dem „Lohner Lied“, das von nun an bei jeder offiziellen Feier der Realschule zu Ehren des Schulgründers Ludwig Brill gesungen werden wird. Besonders beeindruckend war das Zusammentreffen ganz unterschiedlicher Generationen und die Anwesenheit von weit angereisten ehemaligen Schülern.
Unter die Gäste gemischt hatte sich auch Peter Rohe, der ein Wiedersehen mit seinem Entlassjahrgang 1954 feierte und dazu den langen Weg von Ontario in Kanada nach Lohne auf sich genommen hatte. Seit 1956 lebt er in Kanada und hat seine deutsche Muttersprache fast völlig verlernt. Ein Brief mit der Einladung zum Ehemaligentreffen brachte die Entscheidung : Zum Jubiläum geht´s nach Lohne! Sein Kommen hat er nicht bereut: „Die Leute hier sind stolz auf ihre Heimat. Ich höre kein schlechtes Wort über die Stadt. Das hat mich tief beeindruckt“, fasst Rohe zusammen. Von den zehn Abschlussschülern 1954 leben heute noch acht. Manche treffen sich jährlich. In diesem Jahr war auch Peter Rohe dabei.
EHEMALIGE BETRACHTEN DIE KLASSENFOTOS
Geschichtliche Entwicklung
In seiner Begrüßung hatte Schulleiter Werner Fangmann einen Rückblick auf die Geschichte der Realschule gehalten. Er erinnerte dabei an den jungen Ludwig Brill, der im Jahr 1862 als gerade einmal 24 Jahre alter Elementarlehrer bei dem Ober-Schul-Collegium in Vechta anfragt, ob er eine private Schule in Lohne eröffnen dürfe. Er erhält die Genehmigung, gründet die sogenannte Rektoratsschule. Sie sollte der Vorbereitung von jungen Kaufleuten und angehenden Gymnasiasten dienen. Die Schule stand an der Ecke Falkenbergstraße / Lindenstraße. In drei Klassen wurden die Hauptfächer Deutsch, Französisch, Englisch und Kaufmännisches Rechnen unterrichtet. Obwohl die Schule unter Brills Leitung Beachtliches leistete – mehrere Schüler sollen es unter ihm bis zum „Einjährigen“ gebracht haben – musste er nach nur sechs Jahren die Schule aufgeben. Zu wenig Schüler besuchten die Schule, das Schulgeld reichte nicht aus, um die Lehrer bezahlen zu können. Ludwig Brill wechselte nach Quakenbrück und unterrichtete dort am Realgymnasium. Aber der Schulleiter hinterließ Spuren. Noch 150 Jahre später singt man sein Lied, das „Lohner Lied“, anlässlich des großen Schützenfestes. „Aller deutschen Städte Krone, wenn auch weniger bekannt, ist mein Heimatstädtchen Lohne in dem Oldenburger Land“, heißt es in der ersten Strophe. Seit diesem Jubiläumsjahr ist das Lied die „Hymne“ der Realschule und wird bei allen offiziellen Anlässen gesungen. Auch als Schriftsteller war Ludwig Brill erfolgreich. Seine lyrische Dichtung „Der Singschwan“ gehörte zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Pflichtlektüre an den höheren Schulen in Deutschland.
Von 1868 bis 1870 ruhte der Schulbetrieb. Unter der Leitung des Kandidaten für das höhere Lehramt Clemens Meyer aus Oythe wurde die Schule 1870 wieder belebt und bestand unter verschiedenen Leitern bis 1891. Erst sechs Jahre später wurde sie wieder eröffnet und der Schulbetrieb nahm nach und nach regelmäßige Züge an. Ihm folgte 1904 Vikar Josef Muhle aus Rechterfeld, der in Lohne sehr beliebt und hochgeachtet war und die Schule über drei Jahrzehnte leitete. Er setzte sich mit großer Hingabe und Leidenschaft für das Wohl der Schule ein. Die Schule bereitete begabte Schüler auf den Besuch der 8. Klasse, der Untertertia eines Gymnasiums vor, unterrichtete diese nach dem Lehrplan des Gymnasiums. 1925 wurde die private Rektoratsschule von der Stadt Lohne übernommen und in eine öffentliche Höhere Bürgerschule umgewandelt. Die Schule nahm eine günstige Entwicklung bis Josef Muhle 1935 in den Ruhestand versetzt wurde, da er sich angeblich in einer Predigt politisch geäußert hatte. 1939 wurde die Schule geschlossen, da sie nicht in das nationalsozialistische Weltbild von einer gleichgeschalteten Bildungslandschaft passte. Das Schulgebäude wurde an den Kreis Vechta verkauft und die Kreisberufsschule darin untergebracht.
Nach dem Krieg, im Frühjahr 1946, wurde die Schule als Mittelschule für Jungen – mit Zubringerzügen zum Gymnasium – wieder eröffnet. Mit der Leitung und dem Aufbau wurde der Studienassessor Josef Hürkamp aus Dinklage beauftragt. Unterrichtet wurde zunächst im Keller des Canisiusheims, ab 1947 im ehemaligen Gebäude der Hitlerjugend an der Küstermeyerstraße. Die Schülerzahlen stiegen nun erheblich. Ein Grund waren die vielen Flüchtlingskinder, die nach Lohne kamen. 1950 übernahm Clemens Woltermann, Studienrat aus Löningen, die Leitung der Schule. Nach der ersten Abschlussprüfung 1953 wurde sie als vollausgebaute Mittelschule mit sechs Klassen anerkannt. Im selben Jahr erfolgte ein Neubau, der 1957 eine Erweiterung nach sich zog. Mit der Übernahme der Leitung des Gymnasiums in Friesoythe durch Woltermann wurde Konrektor Heinrich Gier 1958 mit der Schulleitung beauftragt. Unter Heinrich Gier stieg die Schülerzahl ganz erheblich, sodass die Unterbringungsschwierigkeiten schon bald Neubauplanungen erforderlich machten. 1967 war es endlich soweit, dass die von der Stadt erbaute neue Schule am 1. August bezogen werden konnte. Die Mittelschule wurde nun – wie in allen anderen Bundesländern – auch in Niedersachsen in Realschule umbenannt. Mit dem Auslaufen der Liebfrauenschule, der Realschule für Mädchen, setzte ein ungeahnter Zustrom zur Realschule ein. Die ersten Mädchen wurden 1967 aufgenommen. Aus der ursprünglich einzügigen Schule war inzwischen eine 4-zügige geworden. Die Schulträgerschaft ging von der Stadt Lohne auf den Landkreis Vechta über. Ab 1972 erhielten besonders qualifizierte Hauptschüler die Möglichkeit nach ihrem Abschluss in einem Jahr in der Klasse H10 an der Realschule den Realschulabschluss zu erwerben.
Mit der Einführung der Orientierungsstufe gab es zum 1.8.1975 eine Entlastung für die Realschule. Die Klassen 5 und 6 wurden nun an der Orientierungsstufe unterrichtet, die Realschulzeit reduzierte sich auf die Klassen 7 bis 10. Nach 22 Jahren Schulleitung ging Heinrich Gier, der viel für das Ansehen der Schule geleistet hat, 1980 in den verdienten Ruhestand.
Sein Nachfolger wurde Werner Kevenhörster aus Vechta, der die Schule ins 21. Jahrhundert führte. Herausragend in dieser Zeit waren die Kontakte zur Eckermann-Schule in Weimar und die damit verbundene Aufbauhilfe in der Zeit der Wiedervereinigung Deutschlands. Fast gleichzeitig entwickelte sich der Kontakt zum Collège Capitaine Dreyfus de Rixheim. Unvergessen bleiben die Teilnahmen an den Olympiatagen in München, bei denen die Realschule 1998 und 2000 als einzige Schule aus Norddeutschland vertreten war.
Schulorganisatorisch und pädagogisch verlagerte sich der Blick mehr und mehr auf die individuellen Fähigkeiten und Neigungen der Schüler. In Wahlpflichtkursen und im wahlfreien Unterricht sollten Schwerpunktbildungen auf das berufsbildende Schulwesen, die Arbeitswelt oder die studienbezogenen Schulformen vorbereiten.
Mit der Auflösung der Orientierungsstufe veränderte sich 2004 die Schullandschaft in Lohne
erheblich. Im Zuge einer umfassenden Strukturreform wurde die bestehende fünfzügige Realschule in den Jahrgängen 5 und 6 auf drei Klassen heruntergestuft und mit der Albert-Schweitzer-Realschule eine zweite Realschule etabliert. Nach 24 erfolgreichen Jahren übergab Werner Kevenhörster die Leitung der Schule an den aus Visbek stammenden Realschulrektor Werner Fangmann. Die Schule und die Lehrkräfte erhielten zunehmend mehr Eigenständigkeit und somit auch verstärkt Verantwortung für die Qualität der Schulentwicklung. In Zusammenarbeit mit dem Schulträger, der Stadt Lohne, wurden die räumlichen Voraussetzungen durch erhebliche Baumaßnahmen optimiert. Im Leitbild der Schule und dem Schulprogramm wurden das Selbstverständnis und die Zielsetzung der Realschule Lohne bestimmt. Schwerpunkte liegen dabei vor allem im sozialen Bereich, der durch das Projekt „Fokus Mensch“ und durch die Betreuung älterer Mitbürger sowie von Menschen mit Behinderungen weit über die lokalen Grenzen Beachtung gefunden hat. Zunehmend wird der beruflichen Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler Beachtung geschenkt. Geblieben sind über all die Jahre die intensiven sportlichen Aktivitäten der Schule, die durch die Partnerschaft mit dem Bundesligisten Werder Bremen eine besondere Note erhalten haben.