– ein fächerübergreifendes Projekt der Fächer Mathematik und Physik für die Jahrgangsstufe 9 –
Für 16 Schüler*innen des Jahrgangs 9 galt am Vormittag des 29.01.2020 „Lernen außerhalb des 45-Minuten-Taktes“. In 4 Gruppen konnten sie sich einer Auswahl von 4 Lernstationen zum Thema „Messen“ widmen. Dieses Thema ist von erheblicher Bedeutung für die Naturwissenschaften, insbesondere für die Physik, und erfordert an vielen Stellen mathematische Kenntnisse und Fähigkeiten. Es ist insbesondere im Zusammenhang mit der Ausbildung beruflicher Qualifikationen zu sehen.
Im Folgenden eine kurze Beschreibung der Lernstationen:
Erste Station: Dem König von Knetland wird geholfen – Das Eichproblem
Eine zentrale Fragestellung im Messwesen ist das Problem der Eichung, z.B. bei Massen, Längen, Zeitspannen, Temperaturen usw. Das Thema besitzt hohe Aktualität, da man vor kurzem die Festlegung aller physikalischen Einheiten umgestellt hat, indem man sie über Naturkonstanten definiert.
Unter Verwendung von Knetgummi und Balkenwaagen waren die Schüler*innen aufgefordert, sich mit der Eichung von Massen zu beschäftigen. Die Thematik wurde in eine fiktive Geschichte über den ‘König von Knetland’ eingekleidet, in der es darum geht, mit Hilfe des ‘Urknets’ (im realen Leben das Urkilogramm) die vielfältigen Probleme bei der Eichung von Massen und bei Massenbestimmungen zu lösen.
Zweite Station: Messfehler
Bei dieser Lernstation gewannen die Projektteilnehmer*innen einen etwas tieferen Einblick in die Mathematik des Messens. Es wurden hohe Anforderungen an sie gestellt, da sie selbstständig mathematische Grundlagen erarbeiten mussten, die im regulären Unterricht teilweise erst Jahre später behandelt werden. Zunächst erfuhren die Schüler*innen an einem einfachen Experiment (Hinabrollen einer Stahlkugel entlang einer Fahrbahn), dass keine Messung exakt richtig ist, es aber durch Ermittlung des Durchschnittswertes möglich ist, nahe an den exakten Wert heranzukommen. Danach wurden zufällige Messfehler mit Hilfe der mathematischen Größen ‘arithmetisches Mittel’ und ‘empirische Standardabweichung’ beschrieben. Anschließend konnte sichtbar gemacht werden, dass Messfehler trotz ihrer Zufälligkeit ‘System’ haben, weil sie nämlich durch die berühmte Gauß’sche Glockenkurve beschrieben werden können. Um dies nachzuprüfen, wurde die Laufzeit einer Kugel in einer Rinne mit genauen Stoppuhren 100 Mal gemessen. Die Auswertung der Messdaten ergab eine recht gute Übereinstimmung mit der Theorie.
Dritte Station: Die Messung der Zeit
Die Schüler*innen konnten durch eigene Messungen feststellen, wie ungenau eine selbst gebaute elektro-mechanische Uhr war (Fehler etwa 0,05) und wie viel genauer eine aus Transistoren und Kondensatoren gebaute Flip-Flop-Uhr (Fehler kleiner als 0,003). Noch einmal viel genauer (Fehler: 0,00001) ist eine Quarzuhr und supergenau (Fehler: 0,000 000 000 000 015) ist die Königin aller Uhren, die Cäsium-Atomuhr, wie die Projektteilnehmer*innen aus Lehrvideos erfuhren. Einige Schüler*innen waren überrascht von der unerwartet großen Ungenauigkeit von Quarzuhren.
Wie lange ist eigentlich „das Jetzt“? Dieser Frage gingen die Schüler(innen) beim Studium des Magazins „maßstäbe 6“ der PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig) nach. Je nachdem, ob man Gehirnströme misst, oder ob man das Reiz-Reaktionsmuster untersucht, oder ob man das Empfinden von ‘Gleichzeitig’ oder ‘Nacheinander’ befragt, oder ob man die Funktion des Kurzzeitgedächtnisses erforscht, erhält man ganz unterschiedliche Antworten von 30 Millisekunden bis 3 Sekunden.
Vierte Station: Der Schall und das Problem Reize zu messen
Anhand von Gewichtsunterschieden 5 kg + 0,5 kg oder 100 g + 10 g konnten die Schüler*innen selber erproben, dass für die Wahrnehmung von Reizen stets eine bestimmte Reizschwelle benötigt wird und dass Reize immer relativ zu einem Grundwert wahrgenommen werden. Anhand von Rasseln konnten die Schüler*innen nachvollziehen, dass sich der von einer Rassel ausgelöste akustische Reiz verdoppelt, wenn man die Anzahl der Rasseln auf acht erhöht. Wenn man aus der Reizverdopplung (jeweils Multiplikation mit 2) eine lineare Skala macht (jeweils Addition von 10), kommt die Mathematik ins Spiel. Die Dezibel-Skala zur Messung von Schallintensitäten beruht auf diesem Prinzip und wird mathematisch durch die Logarithmusfunktion beschrieben.
Das Messen der Lautstärke von Rasseln mit einer Schallstärke-App des Smartphones ergab, dass bei etwa zehn Rasseln im Vergleich zu einer Rassel die Schallintensität um 10 Dezibel zugenommen hat. Natürlich haben die Schüler*innen auch ausprobiert, wie viel Dezibel man erreichen kann, wenn alle so laut wie möglich ins Smartphone schreien.
In der Nachbesprechung äußerten sich die Schüler*innen durchweg positiv. Die Lehrkräfte zeigten sich vom hohen Engagement, dem Interesse und der intensiven Mitarbeit der Projektteilnehmer*innen während des gesamten Schulmorgens beeindruckt.
Fotos zu einigen Experimenten:
Projektteilnehmer*innen, HF, SL