Wie ist es, wenn man sich rund um die Uhr um ein Neugeborenes kümmern muss? Wenn eigene Interessen, Hobbies, Freunde zurücktreten und sich alles nur noch ums Windeln wechseln, Fläschchen geben und Kuscheln mit dem Baby dreht? An unserer Schule haben neun Jugendliche aus den Klassen 9 und 10 jetzt diese Erfahrungen probehalber machen können.
Luisa sieht müde aus: „Sieben Mal ist das Baby heute Nacht aufgewacht“, erklärt sie. Liesa wurde nur zwei Mal geweckt: „Um halb zwei und um halb sechs.“ Nach dem Füttern, Windelwechsel und beruhigendem Schaukeln des Kleinkinds hat sie ihm ein Harry Potter-Buch vorgelesen. „Das ging ganz gut.“ Über drei Tage und zwei Nächte erstreckte sich das Projekt „Elternschaft lernen“ unter der Leitung von Frau Mädge und Sozialarbeiterin Kristin Klügel.
Sinn des Präventionsprojekts in Zusammenarbeit mit pro familia ist es, Jugendliche einen realistischen Alltag mit einem Neugeborenen erleben zu lassen. Dazu bekommt jeder Teilnehmer einen so genannten „Säuglingssimulator“, der einem echten Kleinkind sehr ähnlich sieht. Das Computerbaby ist mit dem Tages- und Nachtrhythmus eines drei Monate alten Kindes programmiert. Es muss gefüttert, gewickelt und geschaukelt werden, kann zufrieden glucksen und aufstoßen, der empfindliche Halsbereich muss gestützt werden. Es reagiert ebenso auf Vernachlässigung wie auf starkes Schütteln oder grobe Behandlung. Die Elektronik zeichnet alle Vorgänge auf. Am Ende des Projekts werden diese Aufzeichnungen ausgelesen und mit dem Jugendlichen besprochen.
Die „Eltern auf Probe“ blieben in dieser Zeit nicht sich selbst überlassen. Vielmehr haben die beiden Betreuerinnen mit den Schülerinnen und Schülern die Vormittage gemeinsam gestaltet, Erlebnisse und Beobachtungen ausgetauscht. Dabei ging es auch um Erziehung und Elternverantwortung, Bedürfnisse von Kindern und Eltern, Problematik von Schwangerschaften Jugendlicher, um Partnerschaft, Familie und Lebensplanung.
Frau Mädge zeigte sich sehr zufrieden, dass sich alle Probeeltern rührend und sehr aufopfernd um ihre „Säuglinge“ gekümmert haben. Gleichzeitig war den fünf Mädchen und vier Jungen aber auch die Erleichterung anzusehen, die große Verantwortung nur probehalber übernommen zu haben und nun wieder ein ganz normaler Teenager sein zu können.