TIMSS 2023 – Lehren und Lernen mit digitalen Medien in der Grundschule

Die Grundlagen für den kompetenten Umgang mit digitalen Medien werden schon in der Grundschule gelegt. In TIMSS 2023 ging es – entsprechend dem Fokus der Studie – vor allem um die Frage, ob der Einsatz digitaler Medien bedeutsam ist für den mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzerwerb. Zugleich erfährt man aber auch Grundsätzliches über das Ausstattungsniveau mit und den Einsatz von digitalen Medien in Grundschulen in Deutschland und International. 

Ausstattung mit digitalen Geräten

Eine Voraussetzung für das Lernen und Lehren mit und über digitale Medien ist die Ausstattung mit digitalen Geräten im schulischen und häuslichen Kontext. Wie in anderen Studien zeigt sich auch in TIMSS 2023, dass die Ausstattung sich erheblich verbessert hat. So standen im Jahr 2007 nur 28,5 % der Schülerinnen und Schüler in der 4. Jahrgangsstufe ein digitales Endgerät im schulischen Kontext zur Verfügung, im Jahr 2019 waren es bereits 54 % und 2023 sogar 116%. Im häuslichen Kontext steht insgesamt 94,2 % der Schülerinnen und Schüler ein Computer oder Laptop zur Verfügung, 97,5% verfügen über einen zuverlässigen Internetzugang. Das Ausstattungsniveau in Deutschland ist damit im internationalen Vergleich hoch: die internationalen Durchschnittswerte betragen 82,8% für die häusliche Ausstattung mit Computer oder Laptop bzw. 90,5 % für einen Internetzugang und reichen von 36,7% bzw. 31,7 % in Marokko bis zu 98,2 % bzw. 97,5 % in Slowenien.

Nutzung digitaler Geräte im Unterricht

Diese gute Ausstattung überträgt sich nur eingeschränkt auf die Möglichkeiten zur Nutzung digitaler Medien im Mathematikunterricht. So werden zwar 63,6% der Schülerinnen und Schüler von Lehrkräften unterrichtet, die angeben, dass digitale Geräte für den Mathematikunterricht verfügbar sind. Damit erreicht Deutschland einen signifikant höheren Wert als das internationale Mittel (48,2%). Mit Blick auf die Angaben zur Ausstattung im schulischen Kontext (s.o.) stellt sich aber die Frage, warum hier nicht noch mehr Lehrkräfte angegeben haben, dass digitale Endgeräte verfügbar sind. So werden immerhin noch 36,7 % der Schülerinnen und Schüler von Lehrkräften unterrichtet, die angeben, dass keine digitalen Geräte für den Mathematikunterricht zur Verfügung stehen.

In den Klassen, in denen digitale Geräte für Mathematikunterricht verfügbar sind, werden zudem nur 33,8% der Schülerinnen und Schüler von Lehrkräften unterrichtet, die angeben, dass sie digitale Medien mindestens einmal pro Woche zum Üben nutzen. Dieser Anteil unterscheidet sich zwar nicht signifikant vom internationalen und europäischen Durchschnitt, allerdings gibt es Länder, in denen dieser Anteil deutlich höher liegt. Im Zusammenhang mit anderen möglichen Tätigkeiten im Mathematikunterricht (Lösen komplexer Aufgaben, Spielen von mathematischen Spielen, Lesen eines Lehrbuchs, Erstellung von Grafiken oder Tabellen, Leistungsüberprüfung) geben noch weniger Lehrkräfte in Deutschland an, digitale Medien einzusetzen. 

Für den naturwissenschaftlichen Sachunterricht geben mehr Lehrkräfte an, dass digitale Geräte zur Verfügung stehen (82,6%), die vor allem genutzt werden, um Lehrbücher zu lesen oder Lernvideos anzuschauen (15%). Deutschland liegt auch hier bei der Verfügbarkeit oberhalb des internationalen Mittelwertes (60,5%), bei der Nutzung der digitalen Geräte im naturwissenschaftlichen Sachunterricht aber deutlich darunter.

Verfügbarkeit und Einsatzhäufigkeit digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Sachunterricht für verschiedene Tätigkeiten (Kategorie “mindestens einmal pro Woche”, Angaben der Lehrkräfte gewichtet auf Schülerpopulation)

 Verfügbarkeit digitaler MedienVirtuelle Experimente durchführenKomplexe Aufgaben lösenGrafiken/Tabellen u.a. erstellenNaturwissenschaft- liche Spiele spielenLehrbuch lesen/Lernvideos anschauenTests/ Klassenarbeiten schreiben
Naturwissenschaftlicher Sachunterricht
Deutschland
82,6%1,2%2,2%1,3%3,1%15,0%0,0%
Naturwissenschaftlicher Sachunterricht
Internationaler Mittelwert
60,5%18,3%23,2%14,3%21,3%47,8%18,6%
Quelle: Schwippert et al. 2024, S. 171 (eigene Darstellung)  Die Angaben zur Nutzung digitaler Medien im Hinblick auf unterschiedliche Tätigkeiten beziehen sich jeweils auf die Anteile von Klassen, in denen digitale Medien verfügbar sind (S. 170).

Hindernisse des Einsatzes digitaler Medien

Insgesamt lässt sich sagen, dass der Einsatz digitaler Medien in Deutschland, angesichts des hohen Ausstattungsniveaus, hinter den Erwartungen zurückbleibt. Es stellt sich die Frage, welche Hindernisse den Einsatz digitaler Medien im Unterricht für Lehrkräfte erschweren. Dafür wurden insbesondere drei Faktoren in den Blick genommen: fehlendes Wissen, unzureichender Zugang und mangelnde Unterstützung durch die Schule. Hier zeigt sich, dass in Deutschland häufiger als im internationalen Durchschnitt angegeben wird, dass fehlendes Wissen ein Hindernis für den Einsatz digitaler Medien im Mathematik- und im Sachunterricht ist.

Die Diagnose des fehlenden Wissens korrespondiert mit dem Ergebnis, dass in Deutschland in Mathematik nur etwa halb so viele Kinder wie im internationalen Vergleich (DE: 24 %, Int.: 41,7%) von Lehrkräften unterrichtet werden, die angeben, in den letzten zwei Jahren eine Fortbildung absolviert zu haben, in der die Integration von Informationstechnologien im Mittelpunkt stand. Immerhin hat sich dieser Anteil in Deutschland zwischen 2019 und 2023 aber so stark erhöht wie in fast keinem anderen Land. Im Sachunterricht ist der Anteil an Schülerinnen und Schülern, die von fortgebildeten Lehrkräften unterrichtet werden, sogar noch geringer (12,7%) und dieser Anteil ist auch nicht gestiegen.

Zusammenhang digitale Medien und mathematische/naturwissenschaftliche Kompetenzen

Zur Frage der Relevanz der Verfügbarkeit und Nutzung digitaler Medien für die mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zeigt sich, dass es keinen Zusammenhang mit den getesteten Kompetenzen gibt. Daraus lässt sich aber nicht grundsätzlich schließen, dass der Einsatz digitaler Medien nicht lernförderlich ist, aber es stellt sich die Frage, wie ein lernförderlicher Einsatz von digitalen Medien gestaltet werden kann.

Zwischen der Nutzungshäufigkeit digitaler Medien und den naturwissenschaftlichen Kompetenzen gibt es sogar einen negativen Zusammenhang. Allerdings lässt sich nicht ermitteln, in welche Richtung die Wirkung verläuft. Der negative Zusammenhang könnte auch darauf hindeuten, dass bei geringen Kompetenzen digitale Medien häufiger zum Einsatz kommen.

Einen signifikanten positiven Effekt hat das häusliche Umfeld, auch wenn man den sozioökonomischen Status kontrolliert. Schülerinnen und Schüler aus Haushalten mit einer umfangreichen digitalen Ausstattung erzielen sowohl in Mathematik als auch in Naturwissenschaften einen Kompetenzvorsprung.

Links

Weitergehende Informationen zu TIMSS 2023 finden Sie hier:

Webseite der Universität Hamburg zu TIMSS 2023

Website der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) zu TIMSS 2023

Literatur

Schwippert, K., Kasper, D., Eickelmann, B., Goldhammer, F., Köller, O., Selter, C., Steffensky, M. (Hrsg.) (2024). TIMSS 2023. Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen von Grundschulkindern in Deutschland im internationalen Vergleich. Münster u.a.: Waxmann.