Mehr als nur ein Zimmereibetrieb
Wenn ich meinen Freunden davon erzähle, dass ich in den Ferien und an freien Tagen in einer Zimmerei & Dachdeckerei arbeite, gibt es oft Vorurteile. Sätze wie ,,Da schleppst du doch nur schwere Sachen und Geräte hin und her und machst dir beim Bauen und Schneiden doch nur die Knochen kaputt, das kann doch keinen Spaß machen‘‘ oder ,,Da oben auf dem Dach stehen und mit so scharfen Geräten zu arbeiten – das ist doch viel zu gefährlich‘‘ bekomme ich manchmal zu hören. Handwerkliche Berufe haben bei Jugendlichen nicht selten ein Imageproblem. Aber in einer guten Atmosphäre vielfältige Aufgaben zu erledigen: das kann richtig Spaß machen, wie die Zimmerei & Dachdeckerei Vocks-Haskamp beweist.
Im Industriegebiet in Steinfeld befindet sich am Tannenkamp 19 der Zimmereibetrieb. Die 1988 gegründete Firma trägt allerdings erst seit 2012 den Doppelnamen. Zuvor hieß der Zimmereibetrieb noch „Hasskamp“, bis 2012 die beiden Gesellen Tobias Vocks und Stefan Vocks den vorherigen Firmenchef Heinz Hasskamp ablösten. Seitdem wurde die Firma zur Zimmerei & Dachdeckerei Vocks-Haskamp. Schon viele Menschen fanden hier ihre Arbeitsstelle als Dachdecker oder einfacher Zimmermann. Der Gründer des Unternehmens, der mittlerweile 82-jährige Heinz Haskamp, hat immer noch nicht genug von seiner handwerklichen Arbeit. Auch heute hilft er im Firmengebäude mit und räumt auf. „Ohne Tobi und Stefan würde es die Firma vermutlich nicht mehr geben, denn wir befanden uns vor der Übernahme durchaus in einer Krise und da kamen die beiden natürlich wie gerufen“, sagt der Großvater von 6 Enkelkindern. Er fügt hinzu, dass er unheimlich dankbar für die beiden sei, da durch sie wieder neuer Schwung in den Betrieb gekommen sei.
Tobias und Stefan Vocks vertreten eine klare Richtlinie, die für die Mitarbeiter und das Image der Firma steht. „Wir fordern eine effektive und zufriedenstellende Arbeitsweise unserer Jungs und hoffen auf Kundenzufriedenheit. Dabei sollten wir uns alle gegenseitig respektieren und darauf achten, dass jeder seinen Job macht. Wir haben uns einen Namen gemacht und wollen als zuverlässig gelten“, stellt Tobias Vocks klar.
Die Arbeit im Betrieb ist vielfältig. Die Arbeiter von Vocks-Haskamp beginnen um 6:30 Uhr ihren Dienst. Dann bekommen sie ihre Aufgaben: den Ort der Baustelle, die Tage in denen sie fertig sein müssen und den genauen Auftrag. Dabei kann es sich um einen Innenausbau eines Neubaus, das Bauen eines Dachstuhls oder auch um das Eindecken eines Daches handeln. Nach dem Beladen des Anhängers fährt dann jeder mit seinem Fahrzeug zu seiner Baustelle. Die Bullis sind mit vielen Arbeitsgeräten und Material gefüllt. In einem seitlichen Regal findet man alles, von einfachen Schnüren und Klebeband, ein Flexgerät, eine Klappleiter bis hin zum Akkuschrauber.
Bis auf eine 30-minütige Frühstücks- und Mittagspause wird bis 16 Uhr ununterbrochen gearbeitet. Auch wenn es meistens um Innenausbauten geht, gibt es auch Tage, an denen sie mit einem großen LKW-Kran aufkreuzen um auf dem Dach zu arbeiten.
Die Arbeit, die in einem Zimmerei oder Dachdeckerbetrieb gemacht werden muss, wird aufgeteilt. Den niedrigsten Rang innerhalb dieser Hierarchie hat der Lehrling. Für die Ausbildung benötigt man mindestens einen Realabschluss. Hauptsächlich beladen die Lehrlinge den Hänger mit den wichtigen Materialien und helfen vor allem beim Tragen von Holzbalken oder Dachziegeln. Während der ersten Wochen schauen sie noch viel bei den Mitarbeitern zu, um dann selbstständig Holzlatten zu schneiden oder die Dämmung anzubringen.
Die Lehrlinge lernen von den Gesellen. Diese sind fest angestellt und haben handwerklich wohl die meiste Arbeit. Dazu gehört das Austauschen von Lüftungsschächten, Dachstühle bauen, Dämmung anbringen oder das Eindecken des Dachs mit Dachziegeln. Jeder, der Geselle ist, war auch mal ein Lehrling. Heinz Hasskamp meint: „Durch diese Zeit als Lehrling mussten wir alle mal durch.“ Als Geselle hat man die Möglichkeit, seinen Meister zu machen. Der Meistertitel ist das höchste Gütesiegel, das man im Handwerk erreichen kann. Dazu muss man auf eine Gesellenschule gehen und dort eine Prüfung ablegen. Als Meister verdient man monatlich im Schnitt bis zu 500€ mehr. Zudem hat man die Möglichkeit, sich wie Tobias und Stefan Vocks selbständig zu machen und seine eigene Firma zu eröffnen. Auch wenn der Meistertitel Geld (Gebühr für die Gesellenschule) und Zeit kostet, lohnt es sich oft, einen Meister zu machen. Chefs eines Zimmereibetriebs fokussieren sich meist auf Büroarbeiten, in denen sie zum Beispiel Materialien wie Holz, Glaswolle oder Dachziegel bestellen oder die Planung eines Dachstuhls übernehmen. Außerdem nehmen sie online oder per Telefon die Aufträge an und teilen sie ein.
Zur Zimmerei-Vocks Haskamp gehören zwei Lehrlinge, drei Gesellen und zwei Meister. Die Lehrlinge Faruch Allrodes und Heiner Wobbeler sind mit ihrem Job zufrieden. „Am wichtigsten ist es, dass wir uns untereinander verstehen und man aufmerksam zuschaut und lernt, ansonsten erschwert man den anderen die Arbeit“, meint der 17-jährige Faruch. Er bringt außerdem an, dass er sich wohl aufgehoben fühlt in seinem Arbeitsumfeld, denn auch wenn der Rang des Gesellen oder des Meisters höher steht als der eines Lehrlings, verdient jeder den gleichen Respekt und die gleiche Anerkennung. Da sind sich die Gesellen Tim Decker, Nils Middendorf und Tobias Mirwald alle einig. ,,Auch wenn wir den Jungs was beibringen sollen und wir quasi als Lehrer fungieren, sollten sich die Jungs wohl fühlen und gleichberechtigte Behandlung spüren. Auch wenn sie nicht so erfahren sind und weniger Geld verdienen als wir“, meint einer der Gesellen. Ähnlich sieht es auch bei den Betreibern der Firma aus, denen flache Hierarchien wichtig sind. Denn die Chefs der Firma sitzen nicht faul an ihrem Schreibtisch, sondern helfen stets bei den Arbeiten mit, wenn es in ihren Zeitplan passt. „Sie sollen nicht das Gefühl haben, dass sie gravierend unter uns stehen und sie nach unserer Pfeife tanzen. Deshalb arbeiten wir, sobald es geht, immer auf der Baustelle mit um das Arbeitstempo zu erhöhen. Außerdem macht es uns auch Spaß und wenn etwas nicht läuft, tragen wir die Verantwortung“, erklärt Tobias Vocks. „Ich finde, man steht auch in einem viel besseren Austausch mit seinen Mitarbeitern“, fügt Stefan Vocks hinzu. Generell sieht man anhand der Regeln ganz klar, dass die Zimmerei äußerst viel Wert auf Zwischenmenschlichkeit und Persönlichkeit innerhalb ihres Betriebs legt.
Hinter dem Beruf des Zimmermanns steckt viel mehr, als man von außen sieht. Je nach Betrieb hat man auch die Möglichkeit, seine eigenen Aufgaben zu wählen. Bei der Zimmerei und Dachdeckerei Vocks-Haskamp sieht man deutlich, wie vielfältig der Beruf ist und wie viel Spaß er machen kann, wenn eine angenehme Arbeitsatmosphäre herrscht. Zudem sind Handwerker heutzutage überaus gefragt.
von Niklas V.
Es ist sehr interessant über eine Zimmerei zu lesen, da es ein außergewöhnliches Thema ist. Viele wissen darüber gar nicht Bescheid, für wie viel so ein Unternehmen verantwortlich ist.
Durch die vielen Zitate wird es nicht langweilig, den Artikel zu lesen.