Schaden soziale Medien unserer Sprache?

Ausdrücke wie “empörend” oder “himmelsschreiend” sind längst nicht mehr auf Schulfluren zu hören. Stattdessen drücken Jugendliche ihren Frust mit “würd mir stinken” oder “richtig Hass auf den” aus. Sprache verändert sich mit der Zeit, das bestätigen auch Sprachwissenschaftler. Doch inwieweit leidet unsere Standardsprache unter diesen Veränderungen? Und welche Rolle spielen dabei eigentlich die digitalen Medien?

Ein Kommentar von Milena D. H., 10. Jahrgang

Sprachforscher sind besorgt: Jugendliche verbringen immer mehr Zeit in den sozialen Medien und das Resultat sei unübersehbar. Der große Sprachwandel sorge dafür, dass korrekte Rechtschreibung, Grammatik und das klassische Hochdeutsch (Standardsprache) immer mehr an Bedeutung verlieren würden. Auch Deutschlehrer berichten darüber. Gleichzeitig geben Linguisten aber auch Entwarnung: Die Entwicklung von neuen Vokabeln, Vermischungen von Sprachen und einfachere Satzstrukturen mache die deutsche Sprache vielfältiger und ökonomischer. Außerdem seien Jugendliche durchaus in der Lage, je nach Ansprechpartner, den Sprachgebrauch zu wechseln. Code-Switching wird dieser Vorgang benannt, bei dem von einer Sprache in eine andere gewechselt wird. Beate Henn-Mememeister, Linguistik-Professorin an der Universität Mannheim bestätigt dies. Es könne sogar von einer gestiegenen Schriftkompetenz gesprochen werden, so Frau Henn-Mememeister, da sich Jugendliche mal weniger mal mehr regelkonform ausdrücken.

Allerdings muss man anmerken, dass sich in den sozialen Medien bereits eigene Schreibstile gebildet haben. Auffällig ist dabei, dass es stilistische Unterschiede zwischen den verschiedenen Plattformen gibt. So differenziert sich die Ausdrucksweise bei Twitter z.B. stark von der auf Instagram. Grundsätzlich lässt sich sagen, das sich diese neue Schreibweise in dem Sinne verändert hat, dass Nutzer nicht nur mit Worten, sondern auch mit Emojis oder anderen Zeichen kommunizieren: Das Ersetzen von Ausdrücken oder Formulierungen durch Emojis ist zum Alltag geworden. Georg Albert von der Universität Landau sieht diese “fehlende Verständigungsebene” nicht eindeutig als Problem an. Vielmehr würden Emojis Aussagen bestärken und die Kreativität fördern 😉

Besonders spannend ist die Entwicklung im Hinblick auf den Einfluss anderer Sprachen und Kulturen: Anglizismen wie “cool”, “checken” oder “okay” gehören längst zum herkömmlichen Sprachgebrauch. Etwas gewöhnungbedürftig hingegen ist vielleicht der neue Trend in eher türkisch geprägten Stadtvierteln Berlins und anderen Großstädten, in denen Kiezdeutsch gesprochen wird: “Ich komm mit Fahrradmahrrad” oder “Ich bring Colamola”. Das lustig gemeinte Wiederholen eines Wortes mit einem “m” davor habe seinen Ursprung im Türkischen, erklärt Sprachwissenschaftlerin Heike Wiese.  Ein weiterer Aspekt bezieht sich auf das Weglassen von Artikeln, die Vereinfachung bzw. Verkürzung von Sätzen. Beate Henn-Mememeister beschreibt dieses Phänomen als zeitökonomische Sprachvariante, da nur die wirklich ausschlagegebende Information erwähnt wird.

Hingegen auffällig ist die problematische Rechtschreibung bei Schülern. Auch als “Pisa-Schock” jüngst in den Medien betitelt. Ob ein Zusammenhang zu dem Phänomen besteht, dass das gewählte Ausdrücken immer seltener vorkommt und unser Gehirn z.B. durch die mangelnde Autokorrektur in den sozialen Medien nicht mehr gefördert wird, muss nun untersucht werden. Trotzdem ist der Sprachwandel nicht als Sprachverfall zu verteufeln, vielmehr kann die Kreativität, die mit dem Sprachwandel einhergeht, positiv hervorgehoben werden. Und eines steht sowieso fest: Durch die neue Jugendsprache hat die junge Generation wortwörtlich das “System gedribbelt”.

Verwendete Quellen:

  • https://pixabay.com/de/illustrations/m%c3%a4dchen-smartphone-internet-surfen-4592925/ [20.02.2023].
  • https://www.haz.de/kultur/regional/der-trend-geht-zum-migrantendeutsch-A7QJ56N6NGLPIK25YLYVE44TIE.html [20.02.2023].

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