Dörverdener Oberschüler befassen sich sehr intensiv mit dem Thema Flucht
„Flüchtlinge mussten oft ihre Familie und ihr Hab und Gut zurücklassen. Viele wissen nicht, ob sie ihre Angehörigen oder ihre Heimat jemals wiedersehen“, sagt Dijana, eine von 18 Schülern an der Aller-Weser-Oberschule in Dörverden, die sich dem UNHCR-Rollenspiel „Stationen einer Flucht“ gewidmet haben. Es war Bestandteil der Projektwoche zum Thema „Unsere Welt ist bunt – Respekt, Toleranz und Vielfalt“. Im Rollenspiel haben sich die Schüler, unterstützt von den Lehrkräften Vanessa Berger-Peetz und Jörg Suckow, in die Situation von Flüchtlingen, die oft nicht älter sind als sie selbst, hineinversetzt. Die Ergebnisse werden sie heute, beim Tag der offenen Tür, von 15 bis 17.30 Uhr, der Öffentlichkeit vorstellen.
Verfolgt man die Medien, so scheint das Thema Flucht fast schon selbstverständlich zu sein. Vertreibung, Syrien, Lampedusa, Bootsunglücke… Mit diesen Schlagworten wurden auch die Schüler der beiden Abschlussjahrgänge zunächst von ihren Lehrkräften konfrontiert.
Nach den vergangenen Tagen sieht keiner der 18 Schüler das Thema Flucht als etwas Normales, Alltägliches an. Sie haben mithilfe einer fiktiven Flüchtlingsidentität die Stationen einer Flucht nachempfunden, sind in die Rolle von Grenzern oder Helfern geschlüpft und haben den mühevollen langen Weg und negative Erfahrungen mit Schleppern bis zur Grenzkontrolle durch anderssprachige Polizeiorgane und die mitunter komplizierten Ansuchen um Asyl nachgespielt.
So haben sie etwa am Beispiel von Bürgerkriegsflüchtlingen erlebt, wie es sein muss, wenn man gezwungen wird, binnen kürzester Zeit nur die wichtigsten Dinge einzupacken, in einem klapprigen Transporter über unwegsames Gelände zu fliehen, um dann an einem unbekannten, abgelegenen Ort ausgesetzt zu werden.
Und ist nach oft monatelanger Odyssee endlich ein sicherer Ort erreicht, gehen die Schwierigkeiten im neuen Umfeld in Bezug auf Anträge, finanzielle Versorgung oder soziale Integration weiter und die Schüler mussten Herausforderungen, wie etwa fremdländische Formulare auszufüllen, meistern oder in einer für sie nicht verständlichen Sprache kommunizieren.
Zusammenfassend äußerten sich beide Lehrkräfte mehr als begeistert, wie selbstständig und ernsthaft die Schüler das Rollenspiel ausgearbeitet und die insgesamt zehn Stationen gestaltet und begleitet haben – und das nach einer nur zweitätigen Vorbereitungszeit. Suckow: „Sie haben eigenständig die Stationen entworfen und sich auch durch eigene Absprache entsprechend gekleidet.“
Dass die intensive Auseinandersetzung mit dem Flüchtlingsthema im Rollenspiel zu mehr Verständnis und Toleranz gegenüber Menschen mit anderer Nationalität, Herkunft, Sprache oder Religion beigetragen hat, bestätigten die befragten Schüler. „Mir ist klar geworden, wie schwer so eine Flucht sein muss. Das ist ganz anders, als wenn man nur davon liest“, so Meryem, die wie Jule im Rollenspiel eine humanitäre Helferin verkörpert hat. „Mir ist bewusst geworden, was diese Menschen alles zurücklassen mussten und wie viele einzelne Schritte es braucht, um überhaupt eine Anerkennung als Flüchtling zu bekommen“, ergänzt Jule.