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Jugendliche riskieren einen Blick in „ein anderes Leben“

Bewegende Lesung aus Erinnerungen eines Holocaust-Überlebenden

Einen bewegenden Vormittag erlebten rund 100 Dörverdener Oberschüler der Jahrgänge acht bis zehn auf dem Kulturgut Ehmken Hoff. Geboten wurde lebendiger Geschichtsunterricht in Form einer musikalischen, mit Fotografien und Videosequenzen unterlegten Lesung mit dem Schauspieler Thomas Garchinger und dem Vibraphon-Virtuosen Wolfgang Lackerschmid.

Schauspieler Thomas Garchinger macht den Jugendlichen klar, dass Freiheit und Demokratie nicht selbstverständlich sind.

Die Künstler sind dabei Botschafter der Bildungsinitiative „Das andere Leben“, die in Kooperation mit dem Niedersächsischen Kultusministerium und unter Schirmherrschaft von Ministerpräsident Stephan Weil landesweit Schulen besuchen.

Gelesen wurde aus „Das andere Leben. Kindheit im Holocaust“, den Lebenserinnerungen von Solly Ganor, einem litauischen Jungen, der den Holocaust überlebt hat. Solly ist gerade 13 Jahre alt, als die deutschen Truppen 1941 in seine Heimatstadt einfallen. Mit einem Schlag ist seine Kindheit vorbei und Solly wird mit seinen Angehörigen ins Getto getrieben, wo fortan schreckliche Enge, Hunger, Zwangsarbeit und Todesangst das Leben aller bestimmen. Der Junge muss zusehen, wie Menschen zur Vernichtung selektiert oder auf der Stelle ermordet werden. Immer nah am Tod, lernt Soll, zu überleben, bis er nach Auflösung des Gettos 1944 zunächst mit seinem Vater ins unweit von Danzig gelegene Lager Stutthof und später in ein Außenlager des KZ Dachau deportiert wird, wo er leidvoll erfahren muss, was die Nazis mit „Vernichtung durch Arbeit“ meinen und wo die Häftlinge unter allerschlimmsten Bedingungen Zwangsarbeiten für die Rüstungsindustrie verrichten müssen. Vor den anrückenden Alliierten wird Solly dann mit den wenigen Häftlingen, die das Grauen überlebt haben, auf einem der berüchtigten Todesmärsche von amerikanischen Soldaten befreit.

In seinen begleitenden Worten wies Garchinger die teils sichtbar bewegten Schüler darauf hin, dass Demokratie und Freiheit mit Blick auf die deutsche Geschichte wahrlich nicht so selbstverständlich seien, wie es oft den Anschein habe. Er appellierte daher an den Erhalt der Grundwerte wie Freiheit, Toleranz und Gleichberechtigung, um die Demokratie vor allem auch vor extremistischen Einflüssen zu schützen. – nie

© Verdener Aller Zeitung, 26.04.2017; nie