Ein Jahr im Land der aufgehenden Sonne

Meine Erfahrungen und Erlebnisse während meines Auslandsjahres in Japan

Ein Beitrag von Joelin D. aus dem 12. Jahrgang.

Dieser Beitrag ist besonders an alle Schüler*innen gerichtet, die überlegen, ein Auslandsjahr – insbesondere in einem nicht englischsprachigen Land – zu absolvieren. Im Folgenden erfahrt ihr etwas über die japanische Kultur, Traditionen, Erlebnisse und Unterschiede, die ich in meinem Auslandsjahr bereits erlebt habe. Aber vor allem auch, wie es sich anfühlt, ein Auslandsschüler in einem völlig fremden Land zu sein.

Neue Wege gehen – Ein Auslandsjahr in Japan bietet viele Chancen (Foto: Joelin D.).

Ich lebe nun schon knapp 10 Monate in Japan. Ich wohne mit meiner Gastfamilie in der Nähe von Tokio und besuche hier eine im Umkreis gelegene Highschool. Vieles hier in Japan ist anders, als ich es aus Deutschland gewohnt bin. Vor allem die Regeln, Höflichkeitsfloskeln und Traditionen unterscheiden sich von den mir bekannten stark. Hier in Japan legen die Menschen viel Wert auf Höflichkeiten wie Entschuldigungen oder auf gegenseitiges Rücksichtnehmen. Anders als in Deutschland verbeugen sich die Menschen zur Begrüßung und zum Abschied. Ich bin noch nie in ein Land gereist, was bis heute noch so geprägt von Traditionen ist wie Japan. Meine Freunde, aber auch meine Gastfamilie haben mir sehr viele davon gezeigt und mir einen Einblick in ihre Heimatkultur gegeben: Feste wie Oshogatsu (das japanische Neujahrsfest), Hanami (Picknicken unter den Kirschblüten), Hanabi (die japanischen Feuerwerke im Sommer) und so viele weitere waren unvergesslich. Der regelmäßige Besuch von Schreinen, Tempeln und Schlössern wurde definitiv eine meiner Freizeitaktivitäten. Ihre individuellen Farben, Formen und Geschichten faszinieren mich jedes Mal aufs Neue.

In Japan hat jede Jahreszeit ihre eigenen Reize: Der Herbst (Aki) ist bekannt für seine vielen bunten Ahornblätter. Das Wahrzeichen des Winters ist Japans schneebedeckter Vulkan (Fujisan) und das Neujahrsfest. Besonders charmant für den Frühling (Haru) sind die Kirschblüten, die Japan in ein rosarotes Blütenmeer verwandeln. Der Sommer (Natsu) ist für seine Feuerwerke und die Regenzeit bekannt. Erinnerungen wie im Kimono mit meinen Freunden durch die traditionellen Straßen zu laufen, werden für immer unvergesslich bleiben.

Doch nicht nur die Kultur macht Japan so interessant, auch Japans Küche ist einzigartig. Hier in Japan habe ich wahrscheinlich so gut und gesund gegessen, wie noch nie! Doch das Essen hier ist nichts für „Picky Eater“. Herkömmliche Gerichte werden in Japan mit Lebensmitteln gekocht, die in Europa kaum bekannt sind. Zutaten wie Algen, ungekochter Fisch, rohe Eier, fermentierte Sojabohnen zählen für mich nun zu ziemlich normalen Lebensmitteln. Auch in Bezug auf Süßspeisen bin ich auf Geschmacksrichtungen gestoßen, die für mich vorher völlig unbekannt gewesen waren. Vor meinem Auslandsjahr war mir nicht bewusst, dass auch Lebensmittel wie Matcha (Grünteepulver), Anko (rote Bohnenpaste), Mochi (Reiskuchen), Sesam oder Süßkartoffeln als Süßspeise verzerrt werden können.

Hier in Japan gehe ich an eine Highschool in einer Vorstadt unterhalb von Tokio. Ich besuche wöchentlich den Teezeremonieklub unserer Schule, in der ich lerne, traditionell Tee zu machen. An meiner Schule herrscht, wie an den meisten Schulen in Japan, eine Uniformpflicht. Meine besteht aus einem schlicht gehaltenen Rock, in den eine weiße Bluse hineingesteckt wird. Über die Bluse ziehe ich einen blauen Blazer. Von meinen insgesamt drei Gastfamilien gehen die Kinder aller Familien in meine Schule. Viele der Kinder sind so alt wie ich. Mit ihnen verbringe ich sehr viel Zeit. Alle Gastfamilien sind unfassbar freundlich und liebenswert. Sie nahmen mich als Austauschschülerin bei sich zuhause auf, halfen mir, mich anfangs in einem völlig neuen Land zu orientieren und vermittelten mir aktiv ihre Kultur und Sprache. Meine zweite Familie wird mich glücklicherweise im Winter nach meiner Rückkehr nach Deutschland hier besuchen.

Wenn die Möglichkeit besteht, empfehle ich jedem, ein Auslandsjahr zu absolvieren. Die Erinnerungen und Kontakte, die man durch ein Auslandsjahr schließen kann, sind goldwert und bleiben ein Leben lang. Ich habe durch mein Auslandsjahr nun Freunde überall auf der Welt z.B. in Australien, Amerika, Japan und Finnland. Für einen gewissen Zeitraum in ein ganz neues Leben einzutauchen ist eine Chance, die man in dem Maße nur einmal in seinem Leben bekommen kann. Ich würde es zudem auch generell empfehlen, in ein Land zu gehen, für welches man ein gewisses Interesse pflegt und in welches man ohne ein Auslandsjahr schlecht reisen könnte.

Das Ziel eines Auslandsjahres ist es meines Erachtens nicht, schon am Anfang die Sprache perfekt sprechen zu können, sondern dass man sie innerhalb des Aufenthalts erlernt oder verbessert. Ich bin überzeugt, dass ein Auslandsjahr mit Abstand die spaßigste, interaktivste und schnellste Möglichkeit ist, um eine Sprache zu erlernen.

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