„Vielen Dank für Ihre Begleitung auf dem Weg zum Erwachsenwerden!“ Dies schrieb mir eine Schülerin des 13. Jahrgang kürzlich auf einen kleinen Zettel, als wir uns abschließend über den Unterricht im Fach Werte und Normen in der Oberstufe unterhalten haben. Sie drückt damit aus, was wir mit diesem Fach erreichen wollen. Wir wollen Fragen aufwerfen und möglichst Antworten finden (wo es welche gibt, was in diesem Fach nicht immer sicher zu sagen ist!); wir wollen Orientierung liefern und grundsätzliche Werte vermitteln, wir wollen aber vor allem den Schülern helfen, einen eigenen Standpunkt zu entwickeln.
Was will ich vom Leben, wer oder was sind wir Menschen, was ist richtig und was ist falsch und was ist schließlich eine angemessene und gerechte Ordnung für das menschliche Leben?
Dies sind die Leitfragen, die in der Oberstufe unseres Gymnasiums im Fach Werte und Normen thematisiert werden und auf die wir in der Mittelstufe vorsichtig hinarbeiten, angemessen jeweils dem Entwicklungsstand der Schüler. Zudem spielt nach den Vorgaben der Rahmenrichtlinien mehr und mehr die Religion auch in diesem Fach eine große Rolle. Die Schüler sollen die wichtigsten Religionen kennen lernen, sollen in der Lage sein, Vergleiche zu ziehen und Entwicklungen aufzuzeigen; und schließlich sollen sie auch einen kritischen Standpunkt finden, indem sie auch auf gefährliche Entwicklungen (z.B. religiöser Fanatismus) eingehen.
Viele Schüler fragen uns allerdings oft, warum nun auch im Fach Werte und Normen die Religionen so intensiv thematisiert werden, gerade deshalb, sagen sie, weil sie sich nicht für Religion interessierten, seien sie schließlich in diesen Kurs/in dieses Fach gekommen. Diesen Schüler erwidern wir, dass unser Wissen über die Religionen zum kulturellen Grundwissen gehört. Beispielsweise ist die Literatur und die Geschichte ohne Grundkenntnisse der Bibel bzw. der religiösen Mythen nicht zu verstehen. Zudem brauchen wir – gerade in einer krisenhaften Welt, die geprägt ist durch Religionskonflikte – das Wissen über den jeweils Anderen.
Denn: Nur wenn ich mein Gegenüber verstehe, wenn ich weiß, wie sich sein Verhalten begründet, nur dann ist es möglich, in einen konstruktiven Dialog zu treten. In der Mittelstufe ist der Werte und Normen Unterricht wesentlich mehr an den praktischen Fragen der Schüler orientiert. Beispielsweise thematisieren wir den Umgang mit Konfliktsituationen und dem Tod, die Gefahren durch Drogen und Gewalt, die Entstehung der Menschenrechte, die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und den menschlichen Umgang miteinander (z.B. auch Sexualität). Insgesamt gehen wir hier also weniger theoretisch vor, letztlich stehen aber im Grundsatz die gleichen ethischen Fragen, die ich schon oben angesprochen habe, hinter den Themen. Ob es nun die Mittelstufe oder die Oberstufe ist, es geht am Ende immer darum, wie wir handeln, wie wir uns in dieser Welt zurechtfinden. Und daher schließe ich mit ein paar Worten von Konfutse, die alles Gesagte viel besser umfassen als ich es auch auf zehn weiteren Seiten könnte:
“Der Mensch kann
auf drei Arten handeln:
erstens durch Nachdenken:
das ist die edelste,
zweitens durch Nachahmen:
das ist die leichteste,
drittens durch Erfahrung:
das ist die bitterste.“