Gendern: Wie der falsche Ansatz schaden kann
Bereits seit einigen Jahren herrschen in Deutschland Debatten über die Verwendung gendergerechter Sprache. Seit dem letzten Jahr hat sich das sogenannte Gendern in vielen Bereichen stärker durchgesetzt, unter anderem auch in Schulen. Doch entsteht diese Veränderung allein durch die ernstgemeinten Sorgen für Schüler der LGBTQ+ Community, oder doch nur durch den gesellschaftlichen Druck?
Ein Kommentar von Alejna Ibisi
Das Gendern an Schulen ist ein riesiger Fortschritt für Feminist:innen, Mitglieder:innen und Unterstützer:innen der LQBTQ+ Community. Die KGS Neustadt tut zusätzlich noch andere Dinge, um Unterstützung und Toleranz gegenüber allen Minderheiten an der Schule zu symbolisieren wie z.B. das Anbringen von Pride-Flaggen zum Pride-Monat.
Aus der Perspektive eines Außenstehenden hört sich das nach einer perfekten, modernen und fortschrittlichen Schule an, versetzt man sich aber in die Position eines queeren Schülers, merkt man schnell, dass der Schein trügt. Trotz der Bemühungen zu gendern und nach außen hin einen toleranten Eindruck zu machen, mangelt es in unserem Schulsystem enorm an guter und sinnvoller Aufklärung zu den Themen LQBTQ+, Gendern, nicht binäre Menschen, Feminismus etc. Diese mangelnde Aufklärung führt dann zu dem eigentlichen Problem: Homophobie. Für betroffene Schüler haben viele dieser Dinge also keinen wirklichen Effekt, es ist performativer Aktivismus, eine nette Geste, aber ohne wirklichen Mehrwert. Eine queere Person muss sich also an einer Schule zurecht finden, in welcher man von Schüler:innen als auch teilweise von Lehrer:innen diskriminiert wird und das nur, weil es ja wichtigere Themen gibt, die gelehrt werden müssen, wie z.B. den Satz des Pythagoras, welcher einen im späteren Leben und im allgemeinen Umgang mit Menschen natürlich viel eher weiterhilft als aktuelle und für einige Menschen lebensverändernde Zustände.
Das Gendern kann und sollte auch weiterhin von Schulen verwendet werden, aber da genau Schulen die Zukunft und auch die Denkweise der Schüler formen, sollte man sich primär auf vernünftige Aufklärung fokussieren, diese würde eher zu der Durchsetzung von geschlechtergerechter Sprache führen und außerdem Vorfälle von Mobbing und Hassverbrechen mit homophoben Motiv verringern.
Die Art und Weise wie gegendert wird, sei es mit Doppelpunkt oder dem „Gendersternchen“, ist egal, selbst der Duden hat sich noch nicht auf eine einheitliche Form geeinigt, immerhin verfügt die deutsche Sprache über eine Vielfalt an Möglichkeiten alle Geschlechter in die Sprache miteinzubeziehen. Wichtig ist dabei nur die Sprache barrierefrei für Menschen mit Migrationshintergrund zu gestalten, um nicht für eine andere Form von Diskriminierung zu sorgen, während man versucht sie in einem anderen Bereich abzuschaffen. Man merkt, eine so minimal wirkende Veränderung zieht viele Problematiken mit sich. Dies beweist den Punkt, dass Aufklärung der Weg zum Ziel ist.
Zu erwarten, dass diese Veränderung von jetzt auf gleich passieren kann und in allen Bereichen konsequent durchgesetzt werden muss, ist eine Zumutung privilegierter Menschen, dessen Muttersprache Deutsch ist. Auch wenn die Sensibilisierung der Sprache wichtig ist und eine große Rolle in der Inklusivität von Menschen verschiedener Geschlechter spielt, sollte das Thema nicht überdramatisiert werden. In Hinsicht auf die steigende Homo- und auch Transphobie und deren Auswirkung auf Menschen der unterschiedlichen Geschlechter ist ein fehlendes Gendersternchen das geringste Problem. Zudem sollte auch beachtet werden, dass durch ein Aufzwingen von bestimmten sprachlichen Veränderungen die Meinungsfreiheit in gewisser Weise eingeschränkt wird. Laut einer Studie des Institutes für Demoskopie aus Allensbach empfinden nur noch 45 Prozent der Befragten, dass man seine Meinung frei äußern könne.
Generell sollte in Deutschland für bessere Aufklärung gesorgt werden und es sollte von beiden Seiten, ob Gender-Befürworter oder Gender-Gegner, Einsicht geben. Befürwortet man diese Bewegung, sollte man auch verstehen, dass dieser Prozess Zeit braucht, insbesondere für Menschen mit Migrationshintergrund ist solch eine Umstellung schwer. Als Gegner sollte man sich bewusst machen, dass es eine Welt gibt, in welcher Menschen tagtäglich diskriminiert werden, diese freuen sich auch über ein wenig Inklusion, z.B. durch gendergerechte Sprache. Schrittweise und mit Geduld kann in Deutschland für einen Kompromiss gesorgt werden, welcher alle Menschen respektiert und verstanden und selbstverständlich frei fühlen lässt.