Ausbildender: Herr OStR Klose
Das Fach Werte und Normen stellt bundesweit im Fächerverbund Philosophie/Ethik eine Besonderheit dar. Nachdem im Jahr 1970 auf der Grundlage eines Staatsvertrags der heutigen Freien Humanisten mit dem Land Niedersachsen zunächst eine Alternative zum konfessionellen Unterricht geschaffen wurde, ist Werte und Normen seit dem Jahr 1993 ein ordentliches Unterrichtsfach, verankert im NSchG (§128, Absatz 1); mit der Veröffentlichung der ersten Kerncurricula für die Sekundarstufe I im Jahr 2009 sowie, zwei Jahre später, der Möglichkeit, das Fach im Abitur anzuwählen, erfährt es eine zunehmende Professionalisierung und Relevanz im schulischen Fächerkanon.
Die vielfältigen Wurzeln und Verästelungen des Faches erstrecken sich – neben den religionskundlichen Bezügen – auf weitere Bezugswissenschaften, so z.B. die Soziologie, Politik und naturwissenschaftliche Erkenntnisse, insbesondere aber die Philosophie. Dabei versteht sich das Fach Werte und Normen keineswegs als Mischform oder Teilgebiet von etwas, sondern bildet sein eigenständiges Unterrichtsprinzip, in dessen Mittelpunkt das Ermöglichen von Nachdenklichkeit steht.
Nachdenklichkeit – perspektivisch unter der Prämisse der festgeschriebenen Kompetenzorientierung der APVO Lehr (2010) verstanden – ist dabei ein vielfältig anzubahnender und zu begleitender Prozess, für den das Fachseminar die fachlichen, didaktischen und methodischen Grundlagen bereithält.
Für die vielfältigen originären und zusätzlichen Bildungsanforderungen, mit denen sich das System Schule konfrontiert sieht (z.B. Forderungen in Bezug auf eine Medien- und Umwelterziehung, Drogenprävention zu leisten, interkulturelle Bildung zu fördern, Inklusion voranzutreiben, Schülerinnen und Schüler sprachlich zu fördern, kulturelle Haltungen und Werte zu vermitteln), stellt das Fach Werte und Normen häufig eine Art „Katalysator“ dar. Um der Fülle an Aufgaben gerecht werden zu können, ist der gemeinsame Ausgangspunkt des Erkenntniswegs die Problemorientierung, anhand derer die Schülerinnen und Schüler ihre vorgefassten Konzepte („Präkonzepte“) einer kritischen Prüfung unterziehen sollen.
Der Vorbereitungsdienst stellt hierfür die fachlich-didaktischen Grundlagen bereit und begleitet die Planungsüberlegungen sowie die kritische Reflexion der Unterrichtsdurchführungen – mit dem Ziel, das professionelle Handeln aller am Unterrichtsprozess beteiligten Personen zu fördern. Hierfür bieten die Fachseminarsitzungen, die im zweiwöchentlichen Rhythmus stattfinden, den Rahmen einer fachlichen und kollegialen Beratung. Gegenseitige Hospitationen im Unterricht sowie gemeinsame Planungen von Unterrichtsinhalten und -sequenzen sollen möglichst vielfältige Praxisbezüge bereithalten.
Das relativ „junge“ Fach Werte und Normen ermöglicht darüber hinaus eine Beschäftigung mit noch nicht abgeschlossenen Fragen zu seiner programmatischen Ausrichtung, was im Kontext einer sich immer stärker säkularisierenden und kulturell verändernden Gesellschaft kontroverse, spannende, aber immer offene Diskurse ermöglicht.