Hospiz macht Schule, Klasse 3

Hospiz macht Schule… in Nikolausdorf: Mit Tod und Trauer umgehen lernen

Draußen war es noch ungemütlich und kalt, im Klassenraum aber standen in der Woche vom 04. -08.02 2019 die Drittklässler jeden Morgen in gemütlicher Runde beisammen, hielten ein geknüpftes Band in den Händen und begrüßten sich mit dem Lied „Der Himmel geht über allen auf“. Dabei wurde jedes Mitglied dieser Runde persönlich mit Namen angesprochen. Es war eine außergewöhnlich „bunte“ Woche für unsere Drittklässler, denn sechs ehrenamtliche Mitarbeiterinnen des ambulanten Hospizdienstes Cloppenburg beschäftigten sich einfühlsam und spielerisch mit unabänderlichen Veränderungen im Leben, mit Krankheit und Leid, Sterben und Tod, Trauer und Trost.

Der 1. Tag, der “gelbe“ Tag stand unter dem Motto “Werden und Vergehen“. Eine einfühlsame Traumreise eines Kindes führte zur Auseinandersetzung mit schönen und traurigen Situationen im Leben, die in Kleingruppen auf hellen und dunklen Wolken in Wort oder Bild festgehalten wurden. Eine meditative Schmetterlingsgeschichte und eine Collage mit Fotos der Teilnehmer von früher und heute machten die Veränderungen und Wandlungen im Leben deutlich. Im Plenum fanden die Gruppenergebnisse ihre Würdigung.

Der 2. Tag, der “orange Tag“, handelte von Krankheit und Leid. Nachdem die Kinder von ihren bisherigen Krankheitserlebnissen berichtet hatten, stellten sie eine Krankheit pantomimisch dar, die von den anderen Gruppen erraten werden musste. Das machte allen Beteiligten viel Spaß, wie man auf den Fotos sehen kann. Anschließend kam es zu einer sehr interessanten Fragerunde. Der ehemalige Chefarzt Dr. Klaus stellte sich eine Stunde lang den Fragen der wissbegierigen Kinder. Und diese Fragen hatten es in sich! Sie handelten von vergrößerten Lymphknoten, Schlaganfall, Herzinfarkt, Blutkrebs, Asthma, Epilepsie, Gürtelrose und Allergien, aber auch von der Herstellung und Entwicklung der Medikamente. „Ich komme mir ja fast vor wie in meinem Examen, so anspruchsvoll sind eure Fragen“, meinte Dr. Klaus lachend. Aber natürlich waren auch einige persönliche Fragen dabei, die Dr. Klaus den Kindern gerne beantwortete. Die Abschlussgedanken dieses Tages, was einem bei Krankheit hilft und wie man selbst einem Kranken helfen kann, hielten die Drittklässler auf Plakaten fest.

Am 3. Tag, dem “roten Tag“, wurde das Sterben und der Tod thematisiert. Ein Bildervergleich führte die Kinder behutsam auf diese Thematik hin, bei dem es um die liebevolle Beziehung einer Enkelin zur Oma und deren Tod ging. Im Gespräch hatten die Kinder dann Gelegenheit, ihre Erfahrungen mit dem Tod eines Angehörigen oder eines geliebten Haustieres mitzuteilen. Was dann mit einem Menschen passiert, der gestorben ist, zeigte ein Kinderfilm aus der Reihe “Willi wills wissen“. Auf einem Plakat malten die Kinder anschließend ihre Eindrücke vom Film auf und machten sich erste Gedanken darüber, was nach dem Tod sein könnte: „Vielleicht werden wir ja schöne leuchtende Sterne oder unsere Herzen sind im Himmel“. Die unterschiedlichen Bestattungsriten der Christen, Juden, Muslime und Hindus überraschten die Kinder sehr. Mit dem Gedanken, andere Menschen und ihren Sitten und Bräuche zu tolerieren, endete dieser 3. Tag.

Der 4. Tag war der “blaue Tag“ und handelte vom Traurigsein. So unzählig viele Farben es gibt, so vielfältig sind auch unsere Gefühle und jeder Tag wird anders empfunden. Das Bilderbuch “jeder Tag hat eine Farbe“ machte dies in anschaulicher Weise deutlich und mit großem Eifer begannen die Drittklässler nach der Buchvorstellung, sich kreativ mit ihren Gefühlen auseinanderzusetzen und sie mit Finderfarbe aufs Papier zu bringen.
Wie Schwerkranke und Angehörige von Verstorbenen fühlen und wie unterschiedlich sich Trauer bei uns Menschen zeigt, machte der zweite Teil des o. g. Films deutlich. Dabei blieb der Vergleich eines Trauernden mit einer entwurzelten Pflanze im Gedächtnis haften. Es braucht Pflege und Geduld, bis die Pflanze neue Wurzeln bilden kann. Der Tod eines geliebten Menschen reißt uns aus unserem gewohnten Leben. Wir fühlen uns zunächst wie „entwurzelt“.  Doch wir haben die Möglichkeit, unser Leben auf einem anderen Weg weiterzugehen. Das dauert oft lange und braucht Menschen, die uns unterstützen. Sinnbildlich pflanzten die Kinder deshalb Tulpenzwiebeln und einen kleinen Samen in wunderschön angemalte Blumentöpfe ein. Über die Projektwoche hinaus werden die Kinder ihre Pflanzen liebevoll pflegen, damit auch sie neue Wurzeln schlagen können.Mit diesem hoffnungsvollen Gedanken endete der 4. Tag.

Mit dem 5. Tag, dem grünen Tag“, der den Trost und das Trösten thematisierte, neigte sich die Projektwoche ihrem Ende entgegen. Die Kinder schrieben für eine bestimmte Person einen Trostbrief und beschrifteten die Blätter einer “Bohnenranke“ mit Möglichkeiten des Tröstens im Schulalltag. Symbolisch legten die Kinder dann in einem „Lastentanz“ die schwere Thematik dieser Woche ab und tanzten befreit in die Verabschiedungsrunde hinein, in der unser gemeinsames Lied zum letzten Mal gesungen und das geknüpfte Band wieder gelöst wurde. Mit einer sehr schönen Abschiedsfeier, zu der auch die Eltern eingeladen waren und alle Gruppen noch einmal von ihren Erfahrungen berichteten, endete unsere Projektwoche.
So farbenfroh wie die Kisten der Gruppen, die wir jeden Tag im Klassenraum vor Augen hatten, war auch dieses Projekt. Obwohl es kein leichtes Thema war, mit dem wir uns beschäftigt hatten, gab es aber auch viel zu lachen und zu tun. Es war eigentlich genauso, wie das Leben eben ist. Den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des ambulanten Hospizdienstes Cloppenburg sagen wir an dieser Stelle noch einmal ein herzliches Dankeschön für diese gelungene bunte Woche mit all ihren Geschichten, Bildern, Gesprächen und Aktivitäten!

 

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