Tellkampfauswahl wird Kreismeister in Hannover und qualifiziert sich für nächste Runde

KreismeisterAls Robert Piesche um 14.14 Uhr zum Elfmeterpunkt geht, ist die Spannungskurve im Stadion des TuS Marathon kaum noch auszuhalten. Den Sprüchen und Blicken der gegnerischen Spieler der IGS Kronsberg schenkt er keine Aufmerksamkeit.Er ist jetzt ganz bei sich. Die Spieler der Tellkampfschule stehen aufgeregt am Mittelkreis zusammen. In den nächsten Sekunden würde es eine Entscheidung geben….

Doch beginnen müssen wir diese Geschichte ein paar Stunden vorher. Ein kühler Wind weht an diesem sonnigen 29.4.2016 als sich die Spieler der Tellkampfschule (Jahrgänge 2000-2002) zu einer ersten Teambesprechung um 9:10 Uhr zusammenfinden. Kapitän Niclas Liebold  gab die Turnierstrategie vor. In einer modernen 4-2-3-1 Aufstellung wollte man aus einer gesicherten Defensive die entscheidenden Akzente nach vorne setzen.

Dass man in diesem Moment so schnell Einigkeit erzielte, war jedoch keine Selbstverständlichkeit. Dem Verdi-Streik vom Dienstag folgte eine Turnierverlegung auf den heutigen Freitag. Krankheitsausfälle und der Spielmodus 11:11 aufs Großfeld verlangten kurzfristige Kaderumstellungen. TS Fußballexperte und Teamchef Christian Freytag, der über Monate mit der Fußball-AG auf dieses Turnier hinarbeitete, musste kurzfristig fünf Spieler nachnominieren, gleichzeitig konnte er seinen Platz an der Seitenlinie durch das Mathe-Abitur nicht einnehmen. Nicht die beste Ausgangslage möchte man meinen, insbesondere wenn man es im ersten Spiel gleich mit dem Star-Ensemble der IGS-Kronsberg zu tun bekommen sollte. Das mit zahlreichen Jung-96-Profis gespickte Team galt vielen Experten im Vorfeld als haushoher Favorit – nicht nur in der Gruppe A – sondern auch für den Turniersieg.

Interims-Trainer Andreas Lehmann konnte nur tatenlos zusehen, wie Kronsberg in erdrückender Weise das Spiel in den ersten Minuten an sich riss und über ihre starke linke Seite den einzigen Abwehrfehler der Tellkämpfer gnadenlos zum 1:0 ausnutzte. Eine Glanzparade von TS Torwart Jan-Paul Nelte verhinderte das 2:0, bevor man diese Sturm und Drang-Phase der „grünen Teufel“ langsam zu kontrollieren vermochte. Am Ende reichte es jedoch nicht, zu dominant unterbanden die Süd-Hannoveraner jegliche Offensivbemühungen. Doch die 1:0 Niederlage sollte die letzte in diesem Turnier gewesen sein. Was dann im weiteren Turnierverlauf folgte, mag nicht-fachkundigen  Beobachtern als Märchen erschienen sein,  aber Kenner kamen nicht umhin, die sich immer mehr herauskristallisierende Qualität des TS-Kaders anzuerkennen. Die Viererabwehrkette mit Milan Hübotter, Emmanuel Mensah, Luca Volker und Mika Falke ließ in den kommenden vier Spielen nur drei Gegentore zu, auf der Doppelsechs zelebrierten Niclas Liebold und Luis Rühmkopf „Zerstörungs- und Kreativarbeit“ auf höchstem technischen Niveau und bildeten so den so wichtigen Brückenkopf zwischen Defensive und Offensive. Im Angriffspiel wirkte mit Jamie Sasse und Robert Piesche im Sturmzentrum sowie Marwan Ammouri als falschem Neuner ein Offensivtrio auf B1-Niveau. Aus einer stabilen Defensive heraus konnte man – durch aggressives Pressing im Mittelfeld – zahlreiche Angriffe des Gegners neutralisieren und bei Ballgewinn zu gefährlichen Kontern ansetzen. Zu loben sind in diesem Zusammenhang auch die Flügelspieler Jakob Frehrking und Milan Riemenschneider, die durch schnelle Dribblings und stete Anspielbereitschaft für Entlastung auf den Außenbahnen sorgten und sich oftmals gegen körperlich deutliche robustere Gegenspieler zur Wehr setzen mussten. Nachdem man die Windhorst-Realschule unglücklich zu einem Unentschieden kommen ließ, platzte dann spätestens gegen die  Schiller-Schule mit einem mehr als verdienten 1:0 der Knoten. Den Einzug ins Halbfinale hatte man nun in den eigenen Händen. Und auch die IGS Badenstedt ließ sich von der kontrollierten Offensive der Südstädter beeindrucken, wobei hier sicherlich die Parade von Nicolas Wieland in der 2. Spielminute den entscheidenden psychologischen Vorteil brachte. Am Ende stand es 2:0 für die „Blauen“. Gegen dieses TS-Team brauchte man mehr als gute Einzelakteure, wenn man den Sieg davontragen wollte. Dazu muss gesagt werden, dass man die Intensität über die gesamte Spielzeit hoch halten konnte, nicht nur konditionelle Überlegenheit machte sich hier bemerkbar, sondern auch die Möglichkeit von Bank mit frischen Spielern aufzutrumpfen. Insbesondere Benjamin Drong konnte als TS- Defensiv-Allrounder zu jeder Zeit die Abwehr stabilisieren.

Die Gruppenphase brachte für die Tellkampfschule den zweiten Platz und die Halbfinalplatzierung gegen den Ersten der Gruppe B – die Käthe-Kollwitz-Schule. Von Anfang an übernahm man die Kontrolle, der Glaube an den Sieg in diesem Halbfinale war förmlich zu greifen. Die drückende Dominanz konnte jedoch trotz zahlreicher Gelegenheiten nicht in Tore umgemünzt werden und so kam es wie es so oft im Fußball kommt. Nach einem weiten Abschlag gelangte der Ball in den TS Strafraum, Gerangel an der Torlinie, eine Pfiff und das Zeigen auf dem Elfmeter-Punkt versetzten die TS-Spieler kurz in Schockstarre. Gegen den strammen Schuss ins linke Eck war Torwart Wieland chancenlos. Es schien als wäre das Halbfinale verloren. Einen letzten Trumpf hatte Trainer Lehmann  mit Yaser Goljani  aber noch auf der Bank. Die „Brechstange“ musste her und mit dieser Goldeinwechslung kurz vor Ende der regulären Spielzeit sollte sich das Blatt noch einmal wenden. Mit seiner körperlichen Präsenz auf der rechten Seite erzwang Goljani  eine Spielverlagerung des Kollwitz-Mittelfelds. Die kurze Unordnung nutzte Rühmkopf mit einem überragenden Ballgewinn im gegnerischen Mittelfeld aus, Passstafette über Liebold und Ammouri zu Piesche.  Das erlösende 1:1 in der Nachspielzeit hielt den Traum vom Finale am Leben. Im folgenden Elfmeterschießen setzte man sich dann deutlich 4:1 durch, insbesondere dank zweier Glanzparaden von Schlussmann Nelte. Die Blicke der Kollwitz-Spieler erinnerten die zahlreichen „Zaunspatzen“  an Jeremies, Effenberg und Kahn, nachdem Sie ihren Sieg im Championsleague-Finale gegen Manchester United in der Nachspielzeit hergaben.

Im anderen Halbfinale gewannen den Erwartungen entsprechend die Kronsberger gegen die Internationale Schule Hannover: Finale gegen den vermeintlichen und im gesamten Turnierverlauf ungeschlagenen Angstgegner aus der Gruppenphase.

Doch jetzt sollte eine neue „Mannschaft“ auf dem Platz stehen, die an ihre Chance im Endspiel glaubte und jeglichen unnötigen Respekt abgelegt hatte. Hinzu kam eine taktische Entscheidung mit der die Kronsberger über das ganze Spiel zu kämpfen hatten. Sasse aus dem Sturmzentrum auf die rechte Außenbahn zu ziehen, um die Abwehr bei den gefürchteten Flügelläufen zu stabilisieren, brachte das Kronsberger Angriffsspiel aus dem Rhythmus. Viel zu spät reagierte man auf der gegnerischen Trainerbank  auf dieses taktische Meisterstück. Alles Aufbäumen der Kronsberger durch wütende Flanken- und Positionswechsel zerschellte am TS-Verteidigungsbollwerk. Natürlich kam der Gegner zu Chancen, Glück gehörte auch dazu, doch Wieland im Tor war in der ersten Hälfte nicht zu bezwingen und Nelte fischte im zweiten Durchgang alle hohen Bälle sicher aus der Luft.

Im folgenden Elfmeterschießen begannen die Kronsberger. Dem imposanten  Jan-Paul Nelte so alleine am Elfmeterpunkt gegenüberzustehen, machte schon aus dem selbstbewussten Kollwitz- Schützen kleine Chorknaben und so sorgte der von ihm gehaltene Schuss ins rechte Eck – ausgerechnet gegen den Turniertorschützenkönig Samet Gülle –  für eine deutliche Ansage.

Die TS Spieler zeigten kaum Nerven, lediglich Niclas Liebold konnte nach  einer Glanzparade nicht verwandeln, doch der letzte Schuss der Kronsberger ging daneben. Jetzt hatte es R. Piesche in der Hand den größten Erfolg in der jüngeren, männlichen TS-Fußballhistorie zu sichern: Anlauf, Schuss, Tor!

Bereits kurz nach Spielende wurden in den sozialen Netzwerken Stimmen laut, die im Zuge der Schulsanierung den Bau eines Kunstrasenplatzes auf dem Tellkampfgelände forderten. Christian Freytag freute sich indes über Zusage seines Kollegen Lehmann, ihm weiterhin fachlich und beratend zur Seite zu stehen.

Am 24.5.2016 erfolgt hoffentlich der nächste Coup bei Regionalentscheid in Barsinghausen.

Text: Andreas Lehmann

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