Europaprojekt

… und immer wieder Frankreich!
Manchmal findet der Kunstunterricht im Klassenraum statt.

Wenn ich dann als Sprachenlehrerin den Raum danach betrete und die vielen kreativen Produkte bewundere, fühle ich die Diskrepanz der Erwartungshaltung der SchülerInnen, wenn hinter ihnen eine Doppelstunde Kunst und vor ihnen eine Doppelstunde Französisch liegt, selbst wenn ich die Taschen voller verspielten Schnickschnacks habe.

Die Stunden mögen ja noch häufig unterhaltsam und lustig sein, aber am „Pauken“ (z.B. der Vokabeln) führt trotzdem kein Weg vorbei.

Aber einen doppelten Trumpf habe ich doch noch in der Hinterhand und auf dessen Wirkung verlasse ich mich: Wer an der Tellkampfschule Französisch lernt, kann in den ersten fünf Jahren zweimal „echten“ Franzosen begegnen!

Im zweiten Lernjahr können die SchülerInnen der Französischklasse an einer Drittortbegegnung teilnehmen. „Drittortbegegnung“ – Was ist das?

Wenn man gerade angefangen hat, eine neue Fremdsprache zu lernen, hat man Angst, allein in eine Familie zu kommen, die eine andere Sprache spricht und einem anderen Kulturkreis angehört. Die Tellkampfschule bietet den SchülerInnen des 7. Jahrgangs eine andere Art der Begegnung an: Wir fahren als Gruppe für eine Woche einmal nach Frankreich, das nächste Jahr an einen bestimmten Ort nach Deutschland (so schreibt es das deutsch-französische Jugendwerk vor, wenn wir Zuschüsse für diese Begegnungen erhalten wollen), wo wir eine französische Schülergruppe treffen. Eine Woche leben wir zusammen: In jedem Zimmer wohnen Jugendliche aus Frankreich und Deutschland, wir machen Sport und Ausflüge und arbeiten gemeinsam an Projekten.

Auch der Austausch mit Frankreich hat an der Tellkampfschule eine lange Tradition. Schon bevor das Europaprojekt ins Leben gerufen wurde (lange vor dem Internetzeitalter) gab es einen langjährigen Austausch – eine Busladung fröhlicher SchülerInnen machte sich auf den Weg nach «Frãnkreisch», knüpfte herzliche Kontakte und lernte das Land kennen. Der Besuch der französischen SchülerInnen war zwar kein schulisches Großereignis, aber für jeden einzelnen ein einmaliges Erlebnis.

Einen ganz anderen Akzent bekam die SchülerInnenbegegnung mit Beginn des Europaprojektes. Unsere SchülerInnen waren zwar (trotz vorherigem Internetkontakt) weiterhin aufgeregt und ein bisschen ängstlich, als wir in Tours ankamen und sie auf ihre Gastfamilien zugingen, in Hannover lief aber alles ganz anders. In den ersten Jahren trafen wir uns nach der Ankunft erst einmal in der Schule zu einem gemütlichen Beisammensein. Dann erst fuhren die französischen SchülerInnen mit ihren Gastfamilien los. In den folgenden Tagen wurde in trinationalen Gruppen (mit TS-SchülerInnen, schwedischen und französischen SchülerInnen) an Projekten gearbeitet, die vor der Begegnung bereits vorbereitet wurden (an der TS im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts). Natürlich gab es auch gemeinsame Ausflüge und Freizeitaktivitäten.

Je mehr Gruppen aus unterschiedlichen Ländern im Laufe der Jahre sich am Europaprojekt beteiligten, um so mehr verlagerte sich die „Verkehrssprache“ vom Deutschen zum Englischen – die Sprache, die alle Jugendlichen in Europa lernen. Dies führte in Frankreich zu zunehmender Irritation, denn die französischen Eltern und LehrerInnen erhofften sich natürlich eine Verbesserung der Deutschkenntnisse während des Aufenthalts, obwohl natürlich die Faszination und persönliche Bereicherung der multinationalen und multikulturellen Begegnung auch einen (An-) Reiz bedeutete. Wir werden sehen, ob das „Lycée Choiseul“ oder eine andere französische Schule in Zukunft am Europaprojekt beteiligt sein wird. Eins ist klar, Frankreich wird immer dabei sein!

Bisher kamen unsere SchülerInnen immer begeistert von unserer Tour nach Tours zurück, denn ein Tagesaufenthalt in Paris und eine Woche in der Partnerschule waren ein Erlebnis, das das „Pauken“ im Unterricht gut entlohnte. (Plötzlich wurden der mühsam erlernte Wortschatz und die Strukturen lebendig und nützlich!)

Das französische Reisetagebuch, das bei beiden Begegnungen in Zusammenarbeit mit den französischen PartnerInnen angefertigt wird, bewahrt die Erinnerungen. Ergänzt und schmückt man es mit Bildern und lustigen (französischen!) Sprüchen, kann man auch sehr kreativ werden und hat die Reiseerlebnisse, diese einmaligen Erfahrungen in einer unbekannten Kultur durch die Begegnung mit Gleichaltrigen.

Eigentlich müssen wir Französischlehrerinnen die Konkurrenz des Kunstunterrichts nicht fürchten, oder…?

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