IServ

IServ – oder die Evolution der Fundgrube

Fahrradlampen, Brillen, Schulbücher oder Bommelmützen, Handys, Schlüssel, Ohrringe oder Tupperbrotdosen, Flöten oder Trompeten: Was immer nicht angekettet oder eingemauert ist, geht in einer Schule dann und wann verloren. Bis zum letzten Schuljahr gewährten Sekretariate oder Hausmeister einsamen Wertsachen vorübergehendes Asyl, Kleidung landete vorwiegend und oft ohne Rückkehr in der aus Plastikkisten bestehenden Fundgrube im Untergeschoss des A-Trakt-Treppenhauses. Nun aber gibt es IServ.

Die Idee

„Kommunikation“, verrät das Lexikon, „bezeichnet den Austausch von Informationen zwischen zwei oder mehreren Personen. Als elementare Notwendigkeit menschlicher Existenz und wichtigstes soziales Bindemittel kann Kommunikation über Sprache, Mimik, Gestik, durch schriftlichen Austausch, Medien etc. stattfinden.“[1] Kein Zweifel, das Schulklima lebt zuvörderst von eben jenen sprachlichen, mimischen und gestischen Zeichen, die wir einander täglich zukommen lassen, und die Freude, eine liebe handgeschriebene Nachricht vorzufinden, soll niemandem genommen sein. Vielmehr konstatierte der Antrag, der der Gesamtkonferenz am 06.03.2013 vorlag, es sei im Verlauf der Jahre eine technische Infrastruktur entstanden, „die ihren Ursprung in diversen voneinander unabhängig entwickelten Einzelsystemen“ habe. „Diese Struktur“, hieß es weiter, sei „mittlerweile an ihre Grenzen gelangt, sowohl was den administrativen Aufwand als auch die Fehleranfälligkeit angeht.“ Es sei „zu befürchten, dass Störungen oder ein Totalausfall erhebliche Auswirkungen auf unsere Arbeitsabläufe hätten.“ Einstimmig beschlossen die Abgeordneten von Schüler- und Elternschaft mit den Lehrerinnen und Lehrern die Anschaffung einer „Paketlösung“, deren Mittelpunkt eine Kommunikationsplattform für alle am Schulleben Beteiligten sein sollte.

Die Umsetzung

Unerwartet positiv nahm die Landeshauptstadt Hannover diesen Wunsch auf, der doch vor allem für den Schulträger mit Kosten verbunden sein sollte. Der Notwendigkeit, moderne Strukturen zur Unterstützung schulinterner Prozesse als Investition in die Zukunft zu begreifen, war man sich an verantwortlicher Stelle längst bewusst, weshalb Ausschreibung, Beschlussfassung und Zusage in atemberaubender Geschwindigkeit realisiert wurden. Nicht einmal einen Monat nach dem Konferenzbeschluss stand fest: IServ kommt!

Was Eltern, Schülerinnen und Schülern vor den Sommerferien noch kaum Aufmerksamkeit abzutrotzen in der Lage war, bedeutet für den Lehrkörper bereits erste Einschnitte. Noch vor den Sommerferien mussten Daten im E-Mailsystem und auf dem Schulserver gesichert werden, bis kurz nach Schuljahresende am 2. Juli 2013 das alte Netzwerk abgeschaltet wurde, im Hintergrund zogen E-Mail- und Verwaltungsserver ebenso um wie die Homepage. Mehr als 140 Arbeitsstunden waren in den Sommerferien von Freiwilligen zu leisten, bis die Software auf allen PCs installiert, Hardwarekonfigurationen angepasst, Netzwerkverbindungen hergestellt, Infobildschirme programmiert und Nutzerdaten eingearbeitet waren.

IServ kann mehr

Der IServ-Portalserver, auf den die Wahl gefallen war, kann zwar weder die Lehrkraft ersetzen noch in gesprochene Interaktion mit dem Nutzer treten, bildet aber notwendige Kommunikation auf vielen Ebenen des Schullebens ab. Neben einem E-Mailzugang mit nach Gruppen differenzierten Verteilerlisten für Schülerinnen, Schüler, Eltern, Lehrerinnen, Lehrer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermöglicht das System den Zugang zum Vertretungsplan, dem Mensaplan sowie dem Schul- und Klausurenkalender, stellt privaten Speicherplatz für alle Nutzer ebenso zur Verfügung wie für Lern- und Arbeitsgruppen und hält die Möglichkeit zum preiswerten Ausdruck eigener Daten an verschiedenen Druckern für alle Nutzer bereit. Darüber hinaus war es möglich, bereits in vielen Gebäudeteilen einen WLAN-Zugang zum Zugriff auf den IServ-Account und einige relevante Internetseiten zu realisieren. Im Hintergrund stehen eine zentrale Steuerung der Softwareverteilung, ein Raum- und Objektbuchungssystem, der vereinfachte Zugriff auf Online-Medien, ein Modul zur Verteilung und Abgabe von Aufgaben für den Unterricht, ein Vokabeltrainer, die Steuerung der Rechner und des Internetzugangs sowie einige weitere nützliche Werkzeuge zur Verfügung. Und schließlich gibt es Foren für Gruppen, aber auch die Schulöffentlichkeit: Im Flohmarkt können Schullektüren ebenso recycelt werden wie Taschenrechner oder anderes Equipment, ein weiteres Forum bietet Platz für Nachhilfeangebote und –gesuche und nicht zuletzt ist da das Fundbüro, in dem nach dem Verbleib der vielen liebgewonnen Gegenstände des schulischen Alltags geforscht werden kann, die den Kontakt zu ihrem Besitzer zeitweilig verloren haben.

Work in progress

1931 Nutzer wurden bis Ende Februar 2014 angelegt, 653 Gruppen eingerichtet, 172 Eingabegeräte eingebunden und 6 Netzwerkdrucker bereitgestellt. Dennoch ist die Arbeit nicht abgeschlossen: Die Zugriffsgeschwindigkeiten sollen verbessert, Ausfallrisiken minimiert, die Druckoptionen sowie das WLAN ausgeweitet und die Informationsvielfalt verbreitert werden. Auch längst geplante Maßnahmen bedürfen noch der Ausführung: Die Zusammenlegung der Nutzerzugänge für Eltern mit mehreren Kindern konnte etwa auf Grund fehlender Ressourcen noch nicht befriedigend umgesetzt werden, auch verschiedene Kurzanleitungen und Hilfestellungen zum Umgang mit den IServ-Modulen warten noch auf ihren Verfasser. Leider bleibt bei knappen Kassen in Land und Kommune auch dieser Teil des schulischen Lebens dem bemühten Dilettantismus des Lehrers im besten Wortsinn überlassen, ohne dass hierfür angemessene zeitliche und finanzielle Rahmenbedingungen zur Verfügung gestellt werden könnten. Wir nehmen daher die vielen Verbesserungsvorschläge, Wünsche und Bitten, die mal konstruktive, mal fordernde Kritik gerne auf und hoffen gleichzeitig auf Verständnis, dass diese nicht immer in angemessener Zeit bearbeitet werden können.

Wenngleich sich an durchschnittlichen Schultagen etwa 600 Nutzer täglich im System anmelden, arbeiten wir auch im Kontakt mit der Schüler- und Elternschaft daran, das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines regelmäßigen Logins weiter zu verbessern. Kommunikation gelingt nur, wenn der Adressat auch erreicht wird. Die Streuung vieler Informationen, die bisher einen immensen Papierverbrauch mit sich brachte, soll zukünftig ausschließlich über das IServ-System erfolgen. Und es wäre doch auch schade, wenn der Besitzer der „grau/schwarzen Uhr von Manguun“ nicht erführe, wo er sie abholen kann. Sie bliebe bestimmt nicht gerne einsam.

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[1] Stichwort „Kommunikation“. In: Klaus Schubert, Martina Klein: Das Politiklexikon. 5., aktual. Aufl. Bonn: Dietz 2011.